13 Februar 2023

Zwei grosse Strassenprojekte entzweien bernische Stimmberechtigte

Im Kanton Bern entscheiden die Stimmberechtigten am 12. März über zwei umstrittene, millionenschwere Verkehrsprojekte. Werden sie abgelehnt, könnte dies einen Paradigmenwechsel in der bernischen Verkehrspolitik einläuten.

Die Gegnerinnen und Gegner brandmarken die beiden Verkehrssanierungen im Emmental und im Oberaargau als „Projekte aus dem letzten Jahrhundert“. Mit grosser Kelle werde Verkehrsinfrastruktur angerichtet und in die grüne Wiese gebaut.

Doch: „Wer Strassen sät, wird noch mehr Verkehr ernten“, warnen die Gegner. Ausserdem könne sich der Kanton Bern solche „Megaprojekte“ auch gar nicht mehr leisten.

Zu den Gegnern gehören nicht nur linksgrüne Parteien und Umweltverbände, sondern auch Landwirte, die sich gegen den Kulturlandverlust wehren. Sie alle favorisieren im Oberaargau und im Emmental sogenante Nullplus-Lösungen. Also, eine Verbesserung der bestehenden Situation mit kleineren, einzelnen Massnahmen.

Grosse Umfahrungslösungen haben derzeit im Kanton Bern keinen einfachen Stand. 2018 gingen in Biel Tausende gegen den Westast der Autobahnumfahrung auf die Strasse. 2020 musste der Kanton einlenken und das Projekt schliesslich in der geplanten Form begraben.

Ob auch die beiden nun vorliegenden Verkehrssanierungen bachab geschickt werden, ist offen. Es gibt fast in allen Parteien und Interessengruppen Befürworter und Gegner.

Die Verkehrsprobleme im Raum Aarwangen und im Raum Burgdorf sind seit Jahrzehnten bekannt. Niemand bestreitet ernsthaft, dass es Lösungen braucht.

Im Oberaargau führt heute der gesamte Verkehr zwischen dem Autobahnanschluss Niederbipp und dem Grossraum Langenthal durch den engen Ortskern von Aarwangen. Dort teilen sich eine Regionalbahn und der motorisierte Verkehr den Strassenraum.

Nun soll eine 3,6 Kilometer lange Umfahrungsstrasse gebaut werden, die allerdings Kulturland beansprucht und in den Lebensraum gefährdeter Pflanzen und Tiere eingreift. Es sind Ersatzmassnahmen geplant. Der zu bewilligende Baukredit für die Verkehrssanierung Aarwangen beträgt 97,8 Millionen Franken.

Im Raum Burgdorf, Oberburg, Hasle sind insgesamt 19 Massnahmen geplant, um die Ortschaften vom Verkehr zu entlasten. Zentral sind dabei die Umfahrungen für Oberburg und Hasle. Vorgesehen sind auch Ampeln und zwei neue Bahnunterführungen in Burgdorf, um den Verkehr zu verflüssigen.

Auch dieses Projekt beansprucht Kulturland und es bringt Eingriffe ins Grundwasser mit sich. Deshalb sind besondere Vorkehrungen nötig.

Der zu bewilligende Baukredit für das Projekt beläuft sich auf 313,9 Millionen Franken. 240 Millionen kostet allein ein gut ein Kilometer langer Tunnel zwischen Oberburg und Hasle.

Zur Finanzierung der beiden Projekte im Emmental und im Oberaargau kann der Kanton auf den Restbestand eines Fonds zurückgreifen, den er auflösen will. Der Rest wird über das ordentliche Budget abgerechnet. Auch der Bund und die Gemeinden zahlen mit.

Die Befürworter sehen im Projekt die lang ersehnte Entlastung für die lärm- und emissionsgeplagte Bevölkerung. Die Bevölkerung stehe hinter den Plänen des Kantons, heisst es auf der Pro-Seite.

Die geplante Entflechtung und Verflüssigung des Verkehrs komme nicht nur dem motorisierten Individualverkehr zugute, sondern auch Fussgängern, Velofahrern und dem öffentlichen Verkehr. Letztlich profitiere der ganze Kanton von der „umweltverträglichen Lösung“.

Zu den Befürwortenden gehören Vertreter von KMU, Wirtschaft sowie SVP, FDP, Mitte und EDU sowie zahlreiche Gemeinden in den betroffenen Regionen. SP und Grüne lehnen ab, die EVP hat Stimmfreigabe beschlossen und die GLP hat grossmehrheitlich die Nein-Parole ausgegeben.

Der bernische Grosse Rat stimmte den Krediten im vergangenen Juni zu. Die Grünen kündigten noch während der Debatte ein Referendum an, das in der Folge zustande kam.

(text:sda/bild:pixabay-symbolbild)