21 Mai 2021

Waffenruhe in Nahost wird wirksam – Atempause für Zivilisten

In der jüngsten Eskalation des Konflikts zwischen Israel und militanten Palästinensern schweigen seit dem frühen Freitagmorgen die Waffen.

Nach elftägigen Kämpfen trat um 02.00 Uhr Ortszeit (01.00 MESZ) eine von Ägypten vermittelte Waffenruhe in Kraft. In den ersten Stunden hielten sich beide Seiten an die vereinbarte Einstellung der Kampfhandlungen.

Die Europäische Union (EU) bot bereits am Freitag ihre Unterstützung bei der Suche nach einer dauerhaften Friedenslösung an. „Die Wiederherstellung eines politischen Horizonts für eine Zwei-Staaten-Lösung bleibt von grösster Bedeutung“, erklärte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell.

Die EU wolle dafür auch ihr Engagement innerhalb des wiederbelebten Nahost-Quartetts ausbauen. Dieses besteht aus den USA, Russland, der EU und den Vereinten Nationen (UN). US-Aussenminister Antony Blinken will in Kürze in die Region reisen, wie in Israel verlautete.

Das israelische Militär hob indes die Sicherheitsbestimmungen für die Bevölkerung im Süden des Landes wieder auf. Die Menschen im Gebiet an der Grenze zum Gazastreifen waren vom Raketenbeschuss der islamistischen Hamas und ihrer Verbündeten besonders hart betroffen. Allein am Donnerstag harrten sie die meiste Zeit des Tages in Luftschutzräumen aus. Grundsätzlich mussten sie sich auf Weisung der Armee gut elf Tage hindurch in der Nähe der Schutz bietenden Einrichtungen aufhalten.

Die Waffenruhe war am Vorabend vom israelischen Kabinett und von der Führung der Hamas in Gaza gebilligt worden. Beide Seiten warnten jedoch, dass sie hinfällig würde, sollte sich die Gegenseite nicht an die zugrundeliegende Vereinbarung halten. „Die Entscheidung, den Raketenbeschuss Israels wieder aufzunehmen, bleibt eine Option“, erklärte ein Sprecher der Kassam-Brigaden, des bewaffneten Arms der Hamas, im islamistischen Fernsehsender Al-Aksa.

Im Gazastreifen strömten unmittelbar nach Inkrafttreten der Waffenruhe Tausende Menschen auf die Strassen. Inmitten von Ruinen machten sie ihrer Erleichterung über das Ende des Schreckens Luft. Sie zündeten Feuerwerkskörper, gaben Schüssen in die Luft ab und riefen „Allahu akbar!“ (Gott ist gross!).

Die Folgen der in den letzten elf Tagen entfesselten Gewalt sind verheerend. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden bis zum Donnerstag 232 Palästinenser getötet, unter ihnen 65 Kinder und Jugendliche. 1900 Menschen erlitten Verletzungen. Bei den israelischen Luftangriffen wurden 1800 Wohnungen und Häuser zerstört, darunter fünf Hochhäuser. Krankenhäuser wurden schwer beschädigt, Strassen ruiniert.

In Israel starben zwölf Menschen, mehr als 300 wurden verletzt. Die militanten Palästinenser schossen nach israelischen Angaben insgesamt 4340 Raketen auf das Land ab. Rund 90 Prozent der Geschosse fing nach diesen Angaben das israelische Abwehrsystem Eisenkuppel ab. Erstmals erreichten Raketen in beträchtlicher Zahl auch die Küstenmetropole Tel Aviv, das Wirtschaftszentrum Israels.

Der Konflikt war am 10. Mai mit dem Raketenbeschuss der Hamas auf Jerusalem eskaliert. Israel reagierte darauf mit massiven Angriffen im Gazastreifen.

US-Präsident Joe Biden erhöhte zuletzt den Druck auf den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, der die militärischen Kapazitäten der Hamas entscheidend schwächen wollte. Mit Blick auch auf das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung hatte Biden bereits am Mittwoch von Netanjahu eine „deutliche Deeskalation“ verlangt.

Für die US-Politiker ist klar, dass die Waffenruhe allein noch keine Entschärfung der explosiven Lage in Nahost nach sich ziehen wird. In Kürze wird deshalb US-Aussenminister Antony Blinken zu Gesprächen in der Region erwartet.

Sein israelischer Amtskollege Aschkenasi schrieb am Freitag auf Twitter, Blinken habe ihn über seine Besuchspläne informiert. Es gehe dabei um eine Fortsetzung „unserer Diskussionen darüber, wie man regionale strategische Themen voranbringen kann, um Israels Sicherheit und die regionale Stabilität zu gewährleisten“.

(text:sda/bild:unsplash)