22 Januar 2024

Von CO2-Abgabe befreite Firmen sollen ehrgeizigere Ziele erfüllen

Unternehmen mit einer CO2-Abgabe-Befreiung haben ihre Treibhausgasemissionen zwischen 2013 und 2020 im Durchschnitt um 19 Prozent gesenkt. Gemessen an der Höhe der Abgabenbefreiung sei dieses Ergebnis enttäuschend, befindet die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK).

960 Unternehmen aus energieintensiven Wirtschaftszweigen haben sich für den Zeitraum 2013 bis 2020 von der CO2-Abgabe befreien lassen. Ziel der Befreiung ist es, einen Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und den Abbau von Arbeitsplätzen in der Schweiz, insbesondere in der Industrie, zu verhindern.

Im Durchschnitt sparte jedes befreite Unternehmen seit Inkrafttreten des CO2-Gesetzes 2013 rund eine Million Franken an CO2-Abgaben ein. 938 Millionen Franken aus der Lenkungsabgabe konnten damit weder an Bevölkerung und Industrie zurückverteilt werden, noch kamen sie dem Gebäudeprogramm zugute. Die Unternehmen wurden im Gegenzug verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen um rund 12 Prozent gegenüber den Emissionen der Jahre 2010 und 2011 zu vermindern.

Dieses Ziel erreichten sie deutlich, wie der am Montag veröffentlichte EFK-Bericht zeigt. In den Jahren 2013-2020 senkten die 489 ständig von der CO2-Abgabe befreiten Unternehmen ihre Treibhausgasemissionen im Durchschnitt um 19 Prozent. Im selben Zeitraum gingen die Emissionen der gesamten Industrie um 20 Prozent zurück.

Die EFK kommt zum Schluss, dass die Verminderungsverpflichtung ein wichtiges Instrument im Dispositiv zur Reduktion der Treibhausgasemissionen darstelle und gut angenommen werde. Sie kritisiert jedoch, dass die Anforderungen an die befreiten Unternehmen nicht sehr hoch seien. „Die Ziele sind seit 2013 unverändert geblieben, obwohl sich die CO2-Abgabe in der Zwischenzeit verdreifacht hat.“

Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) müsse deshalb eine Revision der CO2-Verordnung einleiten, um den Unternehmen ehrgeizigere Ziele zu setzen, schreibt die EFK. Dies umso mehr, weil von der Abgabe befreite Unternehmen beim Erreichen der Reduktionsziele Bescheinigungen pro eingesparte Tonne Treibhausgas erhielten. Zwischen 2013 und 2020 bezogen die Unternehmen laut der EFK Bescheinigungen im geschätzten Gesamtwert von 100 Millionen Franken.

Die Botschaft des Bundesrates zur Revision des CO2-Gesetzes für die Zeit nach 2024 sieht eine Verlängerung der Verminderungsverpflichtungen bis 2040 vor. Die Möglichkeit, sich von der CO2-Abgabe befreien zu lassen, soll auf alle Unternehmen ausgeweitet werden. Das bestehende Dispositiv wird um eine Verpflichtung der Unternehmen ergänzt, alle drei Jahre einen plausiblen Dekarbonisierungsplan vorzulegen.

Das reicht der EFK nicht. „Die Anforderungen der zum Zeitpunkt der Evaluation geltenden Verminderungsverpflichtungen sind nicht ausreichend, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen“, schreibt sie. Eine Umfrage der EFK bei Unternehmen zeige, dass fast alle Schwierigkeiten beim Erreichen von Netto-Null erwarteten.

Der Bund steht der Kritik offen gegenüber. „Das Bafu wird prüfen, inwiefern die Empfehlungen der EFK auf Verordnungsstufe umgesetzt werden können oder ob eine Gesetzesanpassung notwendig ist“, heisst es in einer Stellungnahme. Die derzeitigen Rahmenbedingungen böten den Unternehmen tatsächlich keinen Anreiz, ehrgeizigere Massnahmen zu ergreifen, schreibt das Bundesamt für Energie (BFE).

Nahezu alle Unternehmen nehmen beim Monitoring der Reduktionsmassnahmen die Unterstützung einer Agentur in Anspruch – führend ist die Energie-Agentur der Wirtschaft (Enaw). Die EFK kritisiert in ihrem Bericht, dass die Anforderungen an die Betreuung durch die Agenturen undurchsichtig seien.

Einige Mitarbeitende von Agenturen seien gleichzeitig bei Subunternehmen dieser Agenturen angestellt. Auch die Aufsicht durch das Bafu und das BFE sei lückenhaft. So könnten sie beispielsweise nicht feststellen, ob die den Unternehmen in Rechnung gestellten Gebühren den tatsächlichen Kosten entsprechen. Die EFK empfiehlt den Bundesbehörden deshalb, organisatorische Massnahmen zur Verbesserung der Governance zu ergreifen.

Die Enaw wehrt sich in einer Stellungnahme gegen die Kritik der Finanzkontrolle. 95 Prozent der Unternehmen seien mit den Agenturen zufrieden. „Insofern ist nicht verständlich, warum vom erfolgreichen Modell der Beratung auf Mandatsbasis abgewichen werden sollte.“

(text:sda/bild:unsplash)