12 Januar 2023

Ukraine-Krieg: Weichen stehen auf Lieferung von Leopard-2-Panzern

Die blutigen Kämpfe um die ukrainische Stadt Soledar im Gebiet Donezk dauern nach Angaben aus Moskau und aus Kyjiw an. „Mehr als 100 Russen auf einmal sind im Gebiet Soledar in die Hölle geschickt worden“, teilte die ukrainische Militärführung am Donnerstag in Kyjiw mit. Derweil zeichnet sich ab, dass Deutschland die Lieferung von Leopard-2-Panzern durch Polen an die Ukraine wohl nicht behindern wird. Zumindest signalisiert das Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne).

Deutschland solle sich nicht in den Weg stellen, wenn andere Länder Entscheidungen zur Unterstützung der Ukraine träfen, unabhängig davon, welche Entscheidung Deutschland treffe, sagte Habeck in Berlin. Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich schliesst die Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine nicht grundsätzlich aus. „Es gibt keine roten Linien“, sagte Mützenich. Polen hatte zuvor angekündigt, Leopard-2-Panzer aus seinen Beständen für eine Kompanie an die Ukraine liefern zu wollen. Das sind üblicherweise 14 Panzer. Mit seinem Vorstoss will das Land nach Regierungsangaben andere Staaten zum Handeln bewegen. Deutschland spielt in der Debatte eine Schlüsselrolle, weil die Panzer in Deutschland entwickelt wurden. In der Regel muss die Weitergabe dieser Rüstungsgüter genehmigt werden.

Die ukrainischen Streitkräfte hätten dank einer koordinierten Arbeit gemeinsam mit der Artillerie und den Raketentruppen mehr als 100 russische Kämpfer in Soledar getötet und ihre Technik zerstört, hiess es. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden. Die Ukraine hatte zuvor russische Behauptungen zurückgewiesen, Soledar sei bereits eingenommen. Der Kreml in Moskau hatte von einer „positiven Dynamik“ gesprochen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will die Stadt nicht aufgeben. „Die Front im Donezk-Gebiet hält“, sagte er am Mittwochabend in seiner Videoansprache. „Die Kämpfe gehen weiter, und wir unternehmen alles, um die ukrainische Verteidigung zu stärken.“

Russland hält auch nach dem Umbau seiner Befehlsstruktur für den Krieg in der Ukraine an den Zielen der Invasion fest. Die vier annektierten Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson sollten vollständig eingenommen werden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. „Alle bisherigen Ziele bleiben auf der Tagesordnung.“

Am Vortag hatte das Verteidigungsministerium in Moskau mitgeteilt, dass Generalstabschef Waleri Gerassimow nun direkt und hauptamtlich das Kommando über die in der Ukraine eingesetzten Truppen übernommen habe. Der erst im Oktober ernannte Kommandeur Sergej Surowikin ist jetzt nur noch Gerassimows Stellvertreter. Die Rochade gilt als Versuch Putins, das Ansehen der wegen vieler Niederlagen in die Kritik geratenen Militärführung des Landes zu stärken.

Nach monatelangem Einsatz als Bodentruppen will Russland nach britischer Einschätzung seine Luftlandeeinheiten in der Ukraine wieder als Elitetruppe nutzen. Kommandeure versuchten vermutlich, die Fallschirmjäger im Donbass im Osten des Landes sowie im Süden „mehr im Einklang mit ihrer eigentlichen Rolle als relativ elitäre schnelle Eingreiftruppe“ einzusetzen, teilte das Verteidigungsministerium in London am Donnerstag mit. So würden seit Jahresbeginn offensichtlich Teile der 76. Garde-Luftsturm-Division bei Kreminna eingesetzt, da Russland diesen Frontabschnitt als besonders verletzlich einstufe, hiess es in London. Nahe der Stadt im Gebiet Luhansk, wo ukrainische Truppen angreifen, sowie um Soledar im Gebiet Donezk, wo russische Einheiten vorrücken, sei zuletzt erbittert gekämpft worden.

(text:sda/bild:keystone)