Tötungsdelikt in Lauterbrunnen: Täterin für schuldunfähig befunden
Das Regionalgericht Berner Oberland hat am Montag eine psychisch kranke Frau nach der Tötung ihres Ehegatten zu einer stationären Massnahme verurteilt. Die Frau befindet sich bereits im vorzeitigen Vollzug.
Ein psychiatrisches Gutachten attestiert der 60-Jährigen eine langjährige Erkrankung an einer Schizophreniespektrumsstörung. Die Frau sei nicht schuldfähig.
Zum Tatzeitpunkt im August 2022 sei sie der wahnhaften Überzeugung gewesen, von ihrem Ehemann vergiftet zu werden. Diesen sah sie als Handlanger der „Stasi“, die sie verfolge.
Der Wahn sei systematisiert, weitgehend ausgebaut, strukturiert und ausgereift, heisst es im Gutachten. Die Prognosen sind laut Gutachten ungünstig, jedenfalls solange die Frau nicht erfolgreich therapiert werden kann. Bei der Angeklagten fehle die Krankheitseinsicht. Die Einnahme von Medikamenten beziehe sie in ihr Wahnsystem mit ein.
Die Staatsanwaltschaft stellte dem Gericht den Antrag, die Frau im Rahmen einer stationären Massnahme in eine geschlossene psychiatrische Institution einzuweisen. Auch die Verteidigung war mit diesem Antrag einverstanden.
Das erstinstanzliche Regionalgericht Berner Oberland in Thun folgte dem Antrag am Montag. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Frau ihren Ehegatten im August 2022 mit 58 Messerstichen umgebracht hatte. Die Angeklagte sei geständig. Das Spurenbild stimme mit ihren Angaben überein.
Das Gutachten war für das Gericht nachvollziehbar und nach allen Regeln der Kunst verfasst. Es stellte sein Urteil darauf ab. Demnach sei die Frau zum Tatzeitpunkt aufgrund ihres Wahns schuldunfähig gewesen.
Die Angeklagte leide an einer schweren psychischen Störung und könne ohne adäquate Therapie für sich und andere erneut zur Gefahr werden. Das Gericht erachtete eine stationäre therapeutische Massnahme als verhältnismässig.
Die Krankheit sei grundsätzlich therapierbar, allerdings dürfte es mehrere Jahre dafür brauchen. Und auch das nur, wenn sich die Frau auf eine Behandlung einlassen könne. Eine gute medikamentöse Einstellung wäre dabei nach Ansicht des Gerichts zentral. Eine ambulante Behandlung sei nicht zielführend, kam das Gericht zum Schluss.
Mitte August 2022 war es im Haus der Ehegatten zu einer zunächst verbalen Auseinandersetzung, dann zu einer Rangelei gekommen. Die Frau ergriff schliesslich ein Messer und stach auf ihren Partner ein.
Der Mann, der damals Gemeindepräsident von Lauterbrunnen war, erlitt 58 Stich- und Schnittverletzungen, an denen er starb. Die Ehefrau stellte sich wenig später der Polizei und wurde verhaftet.
Stationäre Massnahmen können für die Dauer von fünf Jahren angeordnet und danach jeweils verlängert werden. Verläuft die Therapie nicht erfolgreich, wäre der letzte Schritt eine Verwahrung.
(text:sda/bild:csc)