9 Juni 2022

StÀnderat will neue Regeln zum Bauen ausserhalb des Baugebiets

Das Bauen ausserhalb von Baugebieten soll neu geregelt werden. Der StĂ€nderat hat beim neuen Anlauf fĂŒr den zweiten Teil der Raumplanungsreform Eckwerte gesetzt. Den Kantonen gibt er Spielraum, will aber die Zahl der Bauten ausserhalb der Bauzonen stabilisieren.

Der StĂ€nderat nahm am Donnerstag die zweite Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes in Angriff. Die Vorlage hatte in wesentlichen Teilen seine Umweltkommission (Urek-S) erarbeitet und dabei Anliegen der Landschaftsinitiative aufgenommen. Aus ZeitgrĂŒnden konnte der StĂ€nderat die Beratung aber nicht beenden.

Bereits beschlossen hat der Rat das HerzstĂŒck der Gesetzesrevision: ein Stabilisierungsziel fĂŒr Gebiete ausserhalb der Bauzonen. Die Kantone sollen im Richtplan ein Gesamtkonzept zur Erreichung dieses Zieles festlegen mĂŒssen, dem Bund regelmĂ€ssig Bericht erstatten und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen.

Erfassen mĂŒssen die Kantone etwa die Zahl der neu erstellten und abgebrochenen GebĂ€ude und auch die Entwicklung der Bodenversiegelung. Passen die Kantone ihre RichtplĂ€ne nicht innert fĂŒnf Jahren entsprechend an, dĂŒrfen sie ohne Kompensation keine neuen GebĂ€ude ausserhalb ihrer Baugebiete bewilligen.

Ausserhalb der Bauzonen will der StĂ€nderat nicht nur die Zahl der GebĂ€ude stabilisieren, sondern auch die Bodenversiegelung – also wasserdicht befestigte FlĂ€chen – in ganzjĂ€hrig bewirtschafteten Gebieten. Eine Ausnahme will er fĂŒr die Landwirtschaft und – auf Antrag einer Minderheit – auch fĂŒr touristische AktivitĂ€ten machen.

Den Kantonen gibt der StĂ€nderat Spielraum: Um wirtschaftliche Entwicklungen zu ermöglichen, können sie ausserhalb der Baugebiete in Spezialzonen nicht an den Standort gebundene Nutzungen zulassen. DafĂŒr gelten Auflagen, etwa Kompensations- und Aufwertungsmassnahmen.

Die Mehrheit der Urek-S hĂ€tte dies nur fĂŒr Berggebiete zulassen wollen. Der Rat folgte aber mit 28 zu 17 Stimmen der Minderheit und gab das Instrument allen Kantonen in die Hand. „GemĂ€ss Bundesamt fĂŒr Statistik umfasst das Berggebiet 71 Prozent der LandesflĂ€che“, sagte Minderheitsvertreter Daniel FĂ€ssler (Mitte/AI).

Zudem will der StĂ€nderat in Spezialzonen und mit denselben Auflagen das Wohnen in nicht mehr benötigten landwirtschaftlichen Bauten ausdrĂŒcklich zulassen.

Damit nicht mehr genutzte GebĂ€ude und Anlagen aus der Landschaft verschwinden, will der StĂ€nderat keine Vorschriften, sondern Anreize, wie Kommissionssprecher Jakob Stark (SVP/TG) es nannte. Neu sollen die Kantone unter gewissen Voraussetzungen AbbruchprĂ€mien fĂŒr nicht mehr genutzte GebĂ€ude und Anlagen bezahlen.

WĂŒrden jĂ€hrlich zwischen 1000 und 2000 Bauten abgebrochen und betrĂŒge die PrĂ€mie zwischen 20’000 und 30’000 Franken, wĂ€re laut Stark mit jĂ€hrlichen Kosten fĂŒr die Kantone von 21 bis 66 Millionen Franken zu rechnen. Der Bund kann aber BeitrĂ€ge leisten.

Mit ihrem Entwurf brachte die vorberatende StÀnderatskommission wieder Bewegung in den seit Jahren hÀngigen zweiten Teil der Raumplanungsgesetz-Revision. Der Nationalrat war auf VorschlÀge des Bundesrates Ende 2019 nicht eingetreten.

Die Urek-S entschied dann, den Entwurf des Bundesrates neu aufzulegen. Sie vereinfachte nach eigenen Angaben die VorschlÀge der Landesregierung stark und strich umstrittene und nicht mehrheitsfÀhige Elemente, unter anderem Strafbestimmungen. Auch Anliegen der Landschaftsinitiative griff sie auf.

Der Bundesrat begrĂŒsste dieses Vorgehen und verzichtete auf einen eigenen indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative. „Nach verschiedenen AnlĂ€ufen ist eine in verschiedener Hinsicht ĂŒberzeugende Vorlage entstanden“, lobte Umweltministerin Simonetta Sommaruga die Arbeit der Kommission.

Der von der Landschaftsinitiative verlangte Grundsatz der Trennung zwischen Baugebiet und Nichtbaugebiet sei fĂŒr den Bundesrat zentral. Der Bundesrat empfiehlt die Initiative aber zur Ablehnung, wegen MĂ€ngeln hinsichtlich Umsetzung, wie Sommaruga sagte.

Über seine Haltung zur Landschaftsinitiative hat der StĂ€nderat noch nicht entschieden. Die Mehrheit der Urek-S beantragt ein Nein, eine rot-grĂŒne Minderheit will die Initiative unterstĂŒtzen.

Die Initiantinnen und Initianten wiederum beurteilten die bisherigen BeschlĂŒsse zwiespĂ€ltig, wie sie schrieben. Positiv sei das Stabilisierungsziel, die bisher beschlossenen Ausnahmen aber viel zu umfangreich. Die Debatte wird kommende Woche fortgesetzt.

(text:sda/bild:unsplash)