19 Juni 2023

Staatsanwalt lässt in „Fall Mike“ Anklage gegen Polizisten fallen

Im Prozess gegen sechs Lausanner Polizisten wegen fahrlässiger Tötung eines mutmasslichen Drogendealers ist es am Montag zu einer überraschenden Wende gekommen. Die Waadtländer Staatsanwaltschaft lässt die Anklage gegen die Polizisten fallen.

Staatsanwalt Laurent Maye ist der Ansicht, dass die Beamten freizusprechen sind. In seiner Anklageschrift war er noch davon ausgegangen, dass diese durch Fahrlässigkeit den Tod von Mike Ben Peter in Lausanne im Jahr 2018 verursacht hatten.

In seinem Schlussplädoyer am Montag liess er diese Anklage jedoch fallen. Seiner Ansicht haben nach gibt es keinen Kausalzusammenhang zwischen dem Festhalten des mutmasslichen Drogenhändlers in Bauchlage und den Todesursachen.

Der Nigerianer hatte sich den Polizisten bei einer Drogenkontrolle widersetzt. Um den 39-jährigen in Schach zu halten, schlugen die Polizisten ihn und setzten Pfefferspray ein, bevor sie ihn überwältigten und auf den Bauch legten. Der Mann starb am nächsten Tag an einem Herz-Kreislauf-Stillstand, nachdem er vor Ort notversorgt und anschliessend ins Universitätsspital Chuv in Lausanne gebracht worden war.

Laut Staatsanwalt Maye haben die Polizisten „gegen die Vorsichtsregeln“ des Schweizer Polizeihandbuchs verstossen, als sie Mike Ben Peter nach dem Anlegen der Handschellen dauerhaft auf dem Bauch fixierten. Es werde gelehrt, die Position schnell zu ändern. Doch laut den Funkmeldungen blieb Mike Ben Peter drei Minuten lang auf dem Bauch liegen, bevor er das Bewusstsein verlor.

Es sei jedoch unmöglich zu sagen, dass die Bauchlage den Tod verursacht habe, so der Staatsanwalt. Um dies zu bestätigen, berief er sich auf die gerichtsmedizinischen Gutachten. Diese konnten die Gründe für den Herz- und Atemstillstand nicht mit endgültiger Sicherheit feststellen, sein Tod wurde durch „multifaktorielle“ Ursachen erklärt.

Aufgrund des Fehlens dieses Kausalzusammenhangs zwischen der Verletzung von Vorsichtsregeln und den Todesursachen kam Maye zum Schluss, dass die Polizisten nicht verurteilt werden können.

Die Plädoyers werden am Montag am Bezirksgericht Lausanne mit dem Anwalt der Familie des Opfers und den Anwälten der Polizisten fortgesetzt.

(text:sda/bild:sda)