22 September 2021

Sexuelle Nötigung: Inhaber einer Zürcher Model-Agentur verurteilt

Ein Besitzer einer Zürcher Model-Agentur hat seine Position ausgenutzt und junge männliche Models sexuell bedrängt: Das Zürcher Bezirksgericht verurteilte den 34-Jährigen am Mittwochabend zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren, wovon ein Jahr vollzogen werden soll.

Der Chef der einst international erfolgreichen Model-Agentur hat sich gemäss Gericht unter anderem der sexuellen Nötigung, der Ausnützung einer Notlage und der sexuellen Belästigung schuldig gemacht. Der 34-Jährige wird zudem mit einem Tätigkeitsverbot belegt; dieses umfasst jede regelmässige Arbeit mit minderjährigen Personen und gilt lebenslang. Er muss auch Genugtuungen zahlen.

In rund einem Drittel aller Vorwürfe wurde der Mann freigesprochen. So war für das Gericht unter anderem nicht erwiesen, dass sich der Beschuldigte KO-Tropfen bedient haben soll. Verschiedene mutmassliche Vorfälle waren zudem bereits verjährt.

Von einer fiesen und perfiden Masche sprach der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung: Wenn unerfahrenen Models suggeriert werde, dass jemand in der Branche nur eine Chance habe, wenn es sich berühren lasse, dann herrsche ein Machtgefälle. Damit werde unterschwellig Druck aufgebaut; das Opfer glaube, dass das üblich sei, dass das normal sei. So liessen sich Übergriffe kaschieren, hielt der Richter fest.

Der Verteidiger hatte einen vollumfänglichen Freispruch gefordert: Sein Mandant habe keine sexuelle Handlungen gegen den Willen anderer Personen vorgenommen. So hätten einige der in der Anklage aufgeführten Geschädigten in der Untersuchung explizit ausgeführt, dass keine Gewalt angewendet worden sei.

Dass es zu anzüglichen Sprüchen, zu Küssen sowie zu Oral- und Analsex gekommen sein soll, stellte der Verteidiger nicht in Abrede. Der Spruch, „Du bist sexy“, sei aber strafrechtlich nicht relevant, hielt er fest. „Etwas flirten ist und muss erlaubt sein.“

Dass sein Mandant in einem Spa den Penis am Oberschenkel eines hoffnungsvollen jungen Models gerieben habe, sei allenfalls eine Zufallsberührung gewesen, meinte der Verteidiger weiter. „Im Jacuzzi hat es wenig Platz.“ Und auch bei den weiteren Vorwürfen sah der Verteidiger strafrechtlich nichts Relevantes: „Es gab keine Gewalt und keine Bedrohungen, es war einvernehmlich.“

Es sei alles andere als einvernehmlich gewesen, hielt demgegenüber der Anwalt eines Geschädigten fest. Der Inhaber der Model-Agentur sei „ein Blender erster Güte“. Er habe sich gut verkaufen und die jungen Männer von seinen Macherfähigkeiten überzeugen können. Dann habe er das grosse Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt und sich in „ein Sexmonster“ verwandelt.

Die Aussagen der verschiedenen Opfer seien klar, hielt auch der Staatsanwalt in seinem kurzen Plädoyer fest. Der Beschuldigte habe sein Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt – er habe jungen, naiven Männern vorgegaukelt, dass er der Einzige sei, der ihnen den Traum einer Modelkarriere ermöglichen könne. Der Staatsanwalt hatte eine teilbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren beantragt.

Zur Sache war am Mittwoch vom Beschuldigten nichts zu erfahren. Es seien viele Falschaussagen gemacht worden, hielt er einzig fest. Ansonsten antwortete er einsilbig und kurz nur mit: „Keine Auskunft.“

Der 34-Jährige, dem die Anklage vorwarf, insgesamt 16 Männer auf verschiedene Arten bedrängt zu haben, schwieg dazu. In seinem Schlusswort meinte er, das Opfer einer Hetzjagd geworden zu sein. Er hoffe, dass sich die Gerechtigkeit durchsetzen werde.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verteidiger, der vor der Verhandlung sagte, dass ihn alles andere als einen Freispruch überraschen würde, hat bereits im Rahmen der Urteilsbegründung den Gang ans Obergericht angekündigt

(text:sda/bild:unsplash)