27 Mai 2024

Selenskyj für Präventivschläge gegen Russland

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert nach den tödlichen Bombenangriffen auf die grenznahe Grossstadt Charkiw das Recht auf einen Einsatz westlicher Waffen gegen russisches Gebiet. Viele ausländische Politiker und Organisationen hätten ihr Beileid bekundet und Russland verurteilt, sagte Selenskyj am Sonntag in seiner Videoansprache. „Es ist wichtig, dass diese Verurteilung zu angemessenen Konsequenzen führt.“

Im ostukrainischen Charkiw sind durch russisches Bombardement aus der Luft seit Donnerstag nach offiziellen Angaben mehr als 20 Menschen getötet worden. Zugleich gingen die heftigen Bombenkämpfe nahe Charkiw wie an anderen Abschnitten der Front am Sonntag weiter. Die Nacht auf Montag begann für den Süden der Ukraine einmal mehr mit Luftalarm. Unter anderem flog nach Beobachtung des ukrainischen Militärs ein russischer Tarnkappenbomber Su-57 über dem Schwarzen Meer. Es drohe der Abschuss von Marschflugkörpern, hiess es.

Die Ukraine wehrt seit mehr als zwei Jahren eine russische Invasion ab. Militärisch ist sie im Hintertreffen, was unter anderem an der mehrmonatigen Verzögerung westlicher Waffenhilfe liegt.

Debatte über Einsatz westlicher Waffen gegen Russland

Nach den Treffern auf Charkiw sagte Selenskyj, die Ukraine brauche nicht nur mehr Luftabwehr, sondern auch das Recht, mit ihren ausländischen Waffen auch auf russisches Gebiet schiessen zu können. „Wir sehen jeden Konzentrationspunkt der russischen Truppen. Wir kennen alle Gebiete, in denen russische Raketen und Kampfflugzeuge gestartet werden“, sagte er. Es sei eine politische Entscheidung, die präventive Vernichtung dieser Streitkräfte zu erlauben, bevor sie die Ukraine angreifen. „Eine Entscheidung, die getroffen werden muss.“ Ausserdem sollten die zugesagten Kampfflugzeuge des US-Typs F-16 schneller geliefert werden.

Über den Einsatz ausländischer Waffen gegen russisches Staatsgebiet wird in den westlichen Geberländern seit Langem debattiert. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte die Mitgliedsländer auf, der Ukraine zum Selbstschutz solche Einsätze zu erlauben. Grossbritannien hat seine gelieferten Waffen dafür freigegeben.

Für die USA sagte Aussenminister Antony Blinken unlängst in Kiew, es gebe kein Verbot, sein Land befürworte diesen Gebrauch aber nicht. In Deutschland lehnt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Waffeneinsatz über die Grenze nach Russland ab. Hintergrund ist die Befürchtung, dass Deutschland zur Kriegspartei werden könnte.

(text:sda/bild:keystone)