26 November 2024

Schweizer Gemeinden werden grösser – bleiben aber doch auch klein

Die über 2100 Schweizer Gemeinden schätzen sich als leistungsfähig ein – doch Raumplanung, Asylsuchende und Digitalisierung stellen sie vor grosse Herausforderungen. Auch die Nachfolgeregelung der älter werdenden vorwiegend männlichen „Dorfvorstehern“ wird zum Problem.

Aufgrund der Herausforderungen kam es in den vergangenen Jahren zu zahlreichen Fusionen, wie aus dem aktuellen Gemeindemonitoring hervorgeht, das die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) und die Universität Lausanne am Dienstag vorstellten.

Per 1. Januar 2024 gab es noch 2131 Gemeinden. Dies entspricht gegenüber 2010, als noch 2596 eigenständige Gemeinden gezählt wurden, einem Rückgang um 18 Prozent. Dennoch, trotz rund einem Fünftel weniger Gemeinden, bleiben viele nach wie vor klein.

So zählt die Hälfte aller Gemeinden weniger als 1693 Einwohnerinnen und Einwohner. Das spiegelt sich auch auf den Verwaltungen wieder – in mehr als einem Drittel der Gemeinden (37 Prozent) arbeiten weniger als fünf Personen im Gemeindehaus.

Laut Gemeindemonitoring besteht zwar noch ein Trend zu Gemeindefusionen, doch hat sich dieser merklich abgeschwächt. „Viele Fusionspotenziale scheinen bereits ausgeschöpft, und neue Projekte stossen oft auf Skepsis“, heisst es in der Studie.

Eine grosse Herausforderung, mit der die Gemeinden konfrontiert sind, ist die Besetzung der politischen Ämter. Laut Gemeindemonitoring sind durchschnittlich 34 Politikerinnen und Politiker für eine Gemeinde tätig – landesweit sind dies damit über 72’000 Personen.

49 Prozent der Gemeinden bekunden gemäss eigenen Angaben nur schon Mühe, Kandidatinnen und Kandidaten für die Gemeindeexekutiven zu finden. Als Gründe nennen sie den hohen zeitlichen Aufwand und die steigenden inhaltlichen Anforderungen.

Die Gemeindeexekutiven altern zunehmend. Das Durchschnittsalter der Exekutivmitglieder liegt inzwischen bei 54 Jahren, zwei Jahre mehr als bei der letzten Erhebung 2017. Lediglich 18 Prozent der Mitglieder sind jünger als 45 Jahre. „Wir beobachten also tendenziell eine Alterung in den Schweizer Gemeindeexekutiven“, heisst es in der Studie dazu.

Untervertreten sind nicht nur die Jungen – auch der Frauenanteil bleibt tief; er liegt derzeit bei 25 Prozent. Auffallend ist dabei auch die Ämterverteilung; die meisten Exekutivpolitikerinnen übernahmen die Ressorts Gesundheit, Soziales und Bildung. Beim Bau und den Industriellen Werken bleiben Frauen klar in der Minderheit.

Fast jede dritte Gemeinde hat Probleme in den Bereichen der Raum- und Zonenordnung (32 Prozent), bei der Betreuung von Asylsuchenden (31 Prozent) und bei der Bewilligung von Baugesuchen (29 Prozent). Auch bei der Gemeindeverwaltung stösst rund ein Viertel der Gemeinden an ihre Leistungsgrenzen. Und die Digitalisierung stellt neue Herausforderungen.

Um ihre Aufgaben zu bewältigen, setzen immer mehr Gemeinden auf Zusammenarbeit. Fast die Hälfte der Gemeinden haben ihre interkommunalen Partnerschaften in den letzten Jahren ausgebaut. Besonders verbreitet ist dies in den Bereichen Spitex, Feuerwehr und Sozialhilfe.

Grundsätzlich sind die Schweizer Gemeinden zufrieden: Sie schätzen sich selbst als leistungsfähig ein. Auch ihre Finanzlage scheint gut zu sein; gegenüber der Befragung von 2017 blieben in 51 Prozent der Gemeinden die Steuerfüsse stabil, in 33 Prozent sanken sie. Allerdings beziehen auch zwei Drittel der Gemeinden Gelder aus den kantonalen Finazausgleichs-Strukturen.

Das Nationale Gemeindemonitoring wird seit 1988 im Abstand von rund fünf Jahren durchgeführt und fand 2023 zum siebten Mal statt. An der jüngsten Erhebung beteiligten sich 83 Prozent der Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber sowie 50 Prozent der Exekutivpolitikerinnen und Exekutivpolitiker.

(text:sda/symbolbild:zvg gemeinde frutigen)