23 November 2023

Polizei-Informatikprojekt wurde massiv unterschätzt

Der Kanton soll bei Informatikprojekten künftig auf Eigenentwicklungen verzichten. Zu diesem Schluss kommt die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rates gestützt auf eine Überprüfung des Informatikprojekts NeVo/Rialto. Die GPK erwartet zudem, dass der Regierungsrat für künftige IT-Projekte seine Lehren zieht und im nächsten Jahr in einem Bericht an den Grossen Rat aufzeigt, wie er das umsetzt.

Seit der Grosse Rat im Jahr 2016 den ersten Kredit gesprochen hat, läuft im Kanton Bern bei der Kantonspolizei und der Staatsanwaltschaft ein Projekt zur Einführung eines neuen Vorgangsbearbeitungssystems (NeVo). Hauptziel ist es, eine digitale, medienbruchfreie Brücke «Rialto» zu bauen, so dass für die ganze Strafverfolgung nur noch ein einziges System zur Anwendung kommt. Verzögerungen, Mehrkosten und unzufriedene Nutzerinnen und Nutzer haben bereits in der Vergangenheit die Aufmerksamkeit auf das Projekt gerichtet. Im Oktober 2022 beauftragte die GPK deshalb die Finanzkontrolle (FK) damit, ein Jahr nach Einführung von NeVo/Rialto bei der Kantonspolizei eine Sonderprüfung zum Projekt durchzuführen. Gestützt auf die Erkenntnisse der FK gelangte die Kommission zu verschiedenen Feststellungen und Empfehlungen.

Die Projektziele wurden seitens Kanton nach Auffassung der GPK massiv unterschätzt. Sie wurden bisher noch nicht vollständig erreicht – insbesondere die Brücke zwischen Kantonspolizei und Staatsanwaltschaft ist noch nicht fertig gebaut. Ein Projektabbruch oder die Evaluation alternativer Systeme kommen für die GPK zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht mehr in Frage. Die Kommission fordert den Regierungsrat jedoch dazu auf, dass er alles unternimmt, damit das Projekt bestmöglich abgeschlossen werden kann.

Am Beispiel des Projekts NeVo/Rialto ist die GPK zu Erkenntnissen gelangt, welche für Informatikprojekte generell gelten. Der Regierungsrat soll deshalb die Lehren aus diesem Projekt ziehen und für andere kantonale Informatikprojekte berücksichtigen. Allem voran ist die Kommission der Ansicht, dass es grosse Risiken birgt, ein Produkt ganz alleine entwickeln zu lassen. Auf Eigenentwicklungen soll seitens Kanton darum grundsätzlich verzichtet werden. Als gefährlich erachtet die GPK auch die Haltung, ein System sei alternativlos. Dies führt zu einer grossen Abhängigkeit, womit erhebliche Risiken verbunden sind. Bevor ein Projekt definitiv umgesetzt wird, muss sichergestellt sein, dass es verlässlich funktioniert. Ein solcher Entscheid muss auf klar definierten Kriterien basieren, politischer Druck darf dabei keine Rolle spielen.

Als nächstes werden die Kredite an der Wintersession des Grossen Rates diskutiert.

(text:pd/symbolbild:unsplash)