Parlament packt in der Sommersession zahlreiche heisse Eisen an
National- und Ständerat haben vor der Sommerpause eine lange To-do-Liste abzuarbeiten. In der am Dienstag beginnenden dreiwöchigen Sommersession geht es unter anderem um die Einsetzung einer Untersuchungskommission zur CS-Krise sowie um Milliardenpakete für den Strassenverkehr, für die Ukraine und für die Armee.
Nach der ordentlichen Frühjahrssession im März, der ausserordentlichen Session zur CS-Übernahme im April und der Sondersession im Mai kommt der Nationalrat am 30. Mai bereits zum vierten Mal im Wahljahr 2023 zusammen. Die Session beginnt wegen Pfingsten erst am Dienstag. Danach gibt es aber bis zu den Schlussabstimmungen am 16. Juni wenig Verschnaufpausen.
Der Nationalrat hat rund siebzig Stunden für seine Beratungen reserviert. Dreimal sind Ganztagessitzungen angesetzt. Der Ständerat ist traditionell etwas weniger lange am Politisieren. Aber auch die kleine Kammer hat mindestens 54 Stunden für ihre Geschäfte eingeplant. Etwas Entspannung bieten der Festakt zum 100-Jahr-Jubiläum des Zollvertrags mit Liechtenstein am 6. Juni sowie die Fraktionsausflüge am Nachmittag des Folgetags.
Die Session wird mit Vereidigungen von neuen Parlamentsmitgliedern beginnen. Thomas Bläsi (SVP/GE) tritt im Nationalrat die Nachfolge von Yves Nidegger an, der künftig im Genfer Kantonsparlament walten wird. Michael Götte (SVP/SG) ersetzt in der grossen Kammer zudem Esther Friedli, die kürzlich in den Ständerat gewählt wurde.
Friedli tritt in der kleinen Kammer die Nachfolge von Paul Rechsteiner (SP) an. Bis zu den Parlamentswahlen im Herbst frei bleibt nach dem Rücktritt von Marina Carobbio Guscetti (SP) einer von zwei Tessiner Ständeratssitzen.
Am Rande der Sommersession wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Videoschalte an das Schweizer Parlament wenden. Die genauen Modalitäten und der Zeitpunkt des Auftritts sind noch offen. Es ist ein Auftritt mit Symbolcharakter.
Neben den formellen Geschäften werden zahlreiche Sachthemen länger zu reden geben. Der Nationalrat beschäftigt sich fast jeden Tag der Sommersession mit grossen Brocken. Den Anfang macht am Dienstag die milliardenschwere Vorlage zu den Krediten für die Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr.
Tags darauf sind die verbleibenden Differenzen beim indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei traktandiert. Diese Vorlage befindet sich auf der Zielgeraden. Gleiches gilt für die Revision des Sexualstrafrechts, wo sich die Räte im Frühjahr in den Kernpunkten einigen konnten.
In der ersten Sessionswoche aufgenommen werden auch die Diskussionen zur Volksinitiative „Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit“. Die vor dem Hintergrund der ersten beiden Wellen der Covid-19-Pandemie entstandene Initiative will eine „direkte oder indirekte“ Impfpflicht verbieten. Im Parlament dürfte das Volksbegehren chancenlos sein.
In der zweiten Sessionswoche diskutiert die grosse Kammer die Volksinitiative „Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renten-Initiative)“. Diese will das Rentenalter an die Lebenserwartung koppeln. Die vorberatende Nationalratskommission beantragt mit 20 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung, das Volksbegehren abzulehnen – und damit Bundesrat und Ständerat zu folgen.
Am 7. Juni debattiert der Nationalrat darüber, ob strategische Infrastrukturen der Energiewirtschaft unter die „Lex Koller“ gestellt werden sollen und ob das Stimmrechtsalter 16 eingeführt werden soll. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) will die Senkung des Stimmrechtsalters nicht weiterverfolgen.
Auch in der dritten Woche stehen grosse Dossiers an, beispielsweise die Armeebotschaft mit der beantragten Ausmusterung von 25 Panzern, die Abschaffung des Eigenmietwerts und die zweite Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes.
Ausserdem sind zahlreiche Vorstösse und parlamentarische Initiativen hängig, wo es etwa um die Waffenweitergabe ins Ausland, das Beschwerderecht von Umweltorganisationen und den Mietwohnungsmarkt geht.
Einen bunten Strauss an Themen behandelt auch der Ständerat. In der ersten Woche steht ein Kompromissvorschlag für die Prämienentlastung zur Debatte. Die Mehrheit der Ständeratskommission will Mindestvorgaben für die Kantone für Beiträge an die Prämienverbilligung, aber tiefere als der Bundesrat und Nationalrat.
Daneben steht die Energiepolitik im Zentrum des Interesses. Der Ständerat beugt sich ein zweites Mal über den Energie-Mantelerlass und ein erstes Mal über die Vorlage zur Windparkoffensive. Zudem ist die Wiederausfuhr von Schweizer Rüstungsgütern auch in der kleinen Kammer ein Thema.
In der zweiten Sessionswoche versucht der Ständerat, eine mehrheitsfähige Lösung bei der Umsetzung der sogenannten Burka-Initiative zu finden. Zudem geht es um das vom Parlament bestellte Unternehmensentlastungsgesetz und eine Regulierungsbremse. Letztere Vorlage hat einen schweren Stand.
Gleiches gilt für den Gegenvorschlag zur Biodiversitäts-Initiative. Die federführende Ständeratskommission hat mit knappem Mehr entschieden, auf die Vorschläge des Bundesrates nicht einzutreten. Der Ausgang ist offen.
Zum Abschluss der Sommersession geht es im Ständerat unter anderem um ein Milliarden-Hilfspaket für die Ukraine, eine Änderung des Jugendstrafrechts sowie um die Zukunft des Finanzplatzes. Es sind verschiedene Banken-Vorstösse traktandiert.
Voraussichtlich wird das Parlament an der Session auch über die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) in Zusammenhang mit der Notrettung der CS mit der UBS befinden. Die Büros beider Räte haben die Schaffung einer solchen Kommission beantragt. Die Absegnung durch das Parlament gilt als Formsache. Die PUK ist das stärkste Instrument der parlamentarischen Oberaufsicht.
(text&bild:sda)