21 Dezember 2023

Nationalrat will Ausbau von erneuerbaren Energien beschleunigen

Damit die Energiewende Fahrt aufnehmen kann, sollen die Planungs- und Bewilligungsverfahren für Wasser-, Solar- und Windkraftwerke gestrafft werden. Der Nationalrat hat als Erstrat den sogenannten Beschleunigungserlass gutgeheissen. Nein sagte er zu neuen AKWs.

Weil die Nachfrage nach Strom in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird und die Importmöglichkeiten begrenzt sind, wollen Bundesrat und Parlament den inländischen Kraftwerkbau forcieren. Das Ziel ist ein Ausbau der erneuerbaren Energien, um die Versorgungssicherheit insbesondere im Winter zu verstärken.

Mit dem Beschleunigungserlass will der Bundesrat das Energiegesetz dahingehend ändern, dass die Verfahren für die Planung und den Bau grosser Kraftwerke für erneuerbare Energien gestrafft werden. Der Standortkanton allein soll den Bau von Anlagen sowie Erweiterungen und Erneuerungen bewilligen und auch jene Bewilligungen aussprechen, die heute die Gemeinde erteilt. Die Gemeinden sollen früh ins Verfahren einbezogen werden.

Kommissionssprecherin Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP/SG) betonte, was nach ihr viele weitere Fraktionssprecherinnen und -sprecher festhielten: „Es braucht mehr Strom in kurzer Zeit, um Engpässe zu verhindern.“ Dafür müsse die Verfahrensdauer zwingend reduziert werden. Heute dauere es teilweise zwanzig Jahre und mehr, bis ein Energieprojekt realisiert sei.

Der Nationalrat stellte sich am Donnerstag klar hinter die Vorlage und nahm diese am Ende mit 137 zu 56 Stimmen bei 3 Enthaltungen an. Die grosse Kammer folgte in allen zentralen Punkten ihrer Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek-N).

Grundsätzliche Kritik gab es nur von der SVP. Sie war zuvor mit mehreren Anträgen gescheitert. Die grösste Fraktion wollte vom Bundesrat verlangen, die Vorlage zu überarbeiten und den Fokus auf andere Technologien zur Energieerzeugung zu legen. Zudem wollte die SVP Windkraftprojekte von der Verfahrensbeschleunigung ausklammern.

SVP-Sprecher Christian Imark (SO) plädierte dafür, den Fokus auf die Winterlücke zu legen. Der Beschleunigungserlass sei technologisch einseitig ausgestaltet. Es brauche die Wasserkraft und auch die Kernenergie für eine sichere, günstige und umweltfreundliche Energieversorgung.

Die SVP unterstützte zu diesem Zweck auch einen Antrag der FDP-Fraktion, der das AKW-Neubauverbot lockern wollte. Laut Matthias Samuel Jauslin (FDP/AG) hätte damit das Technologieverbot aufgehoben werden sollen – ohne Freipass für künftige Kernkraftwerke.

Der Nationalrat sagte mit 101 zu 90 Stimmen bei 5 Enthaltungen Nein dazu und stützte damit seinen Entscheid vom Frühjahr. Schon damals lehnte die grosse Kammer im Rahmen des Energie-Mantelerlasses einen solchen Antrag ab, jedoch viel deutlicher.

Die Mehrheit befand, dass mit der Aufweichung des absoluten Moratoriums für den Bau neuer Atomkraftwerke der Beschleunigungserlass akut gefährdet wäre. SP, Mitte, Grüne und GLP stimmten geschlossen Nein.

Energieminister Albert Rösti warnte davor, die Kernenergiedebatte jetzt zu führen. Das Thema werde wohl bald wieder aufs Tapet kommen – im Rahmen der Volksinitiative „Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)“. Zunächst gelte es aber, die Energiewende durch den Zubau erneuerbarer Energiequellen zu schaffen.

Umstritten war im Nationalrat auch, wie stark die Einspracherechte der Standortgemeinden geplanter Anlagen und diejenige von Umwelt- und Naturschutzverbänden beschnitten werden sollen. Im Sinne einer mehrheitsfähigen Vorlage sah die grosse Kammer von einschneidenden Änderungen ab.

Sie beschloss, ausdrücklich ins Gesetz zu schreiben, dass die Kantone eine Zustimmung der Standortgemeinden zur Voraussetzung für eine Bewilligung einer Anlage im beschleunigten Verfahren machen können. Weiter gehende Mitbestimmungsrechte für Standortgemeinden wurden abgelehnt.

Zudem soll das Verbandsbeschwerderecht nicht eingeschränkt werden. Die Ratslinke warnte im Fall einer Einschränkung vor einem Referendum. Energieminister Rösti sprach sogar davon, dass die Vorlage mit dem Antasten des Verbandsbeschwerderechts „klinisch tot“ wäre.

Der Nationalrat beschloss dafür andere Änderungen an der Vorlage des Bundesrats. So soll die Entscheidung, das ordentliche Bewilligungsverfahren anzuwenden, bei den Projektanten von Solar- und Windenergieanlagen liegen und nicht bei der Bewilligungsbehörde.

Nicht nur für Wind- und Solarkraftwerke, sondern auch für Wasserkraftwerke will der Nationalrat die Bewilligungsverfahren beschleunigen. Die Kantone können dabei frei bestimmen, welche kantonale oder kommunale Behörde für dieses Verfahren zuständig ist.

Die Vorlage geht nun an den Ständerat.

(text:sda/symbolbild:unsplash)