1 Dezember 2021

Nationalrat fällt nach Marathondebatte erwartete Budgetentscheide

Nach über achtstündiger Debatte hat der Nationalrat am Mittwoch dem Bundesbudget fürs nächste Jahr zugestimmt. Überraschungen blieben aus: Die grosse Kammer folgte durchs Band den Mehrheitsanträgen ihrer Finanzkommission. Es verbleiben nur wenige Differenzen.

Dass der Nationalrat das Budget an nur einem Tag fertig berät, ist nicht selbstverständlich. Die finanzpolitischen Prioritäten unterscheiden sich je nach Parteibüchlein erheblich. Trotzdem war die Debatte nicht nur kürzer, sondern auch ruhiger als auch schon.

Ein Grund dafür dürfte die Ausgangslage sein: Die Corona-Krise schränkt den finanzpolitischen Spielraum im Vergleich zu normalen Zeiten ein. Deshalb gibt es wohl etwas weniger mehrheitsfähige Begehrlichkeiten. Jedenfalls wurden im Nationalrat alle 43 Minderheits- und Einzelanträge abgelehnt. Das heisst: Nur breit abgestützte, in der Kommission diskutierte und angenommene Änderungsvorschläge hatten eine Chance.

Der Bundesrat rechnete im Vorfeld der Debatte mit einem Defizit von rund zwei Milliarden Franken im nächsten Jahr, dies bei Ausgaben von 80,725 Milliarden Franken und Einnahmen von 78,643 Milliarden Franken. Das Minus rührt daher, dass auch 2022 zahlreiche wirtschaftliche und gesundheitspolitische Pandemie-Massnahmen finanziert werden müssen.

Die grosse Kammer beschloss gegenüber dem Voranschlag des Bundesrats nur wenige Änderungen. Am meisten ins Gewicht fällt eine zusätzliche Einlage in den Bahninfrastrukturfonds von 233 Millionen Franken. Damit sollen der Ausbau und der Unterhalt des Bahnnetzes forciert werden. Der Entscheid, den Finanzminister Ueli Maurer als „nicht zielgerichtet“ bezeichnete, fiel deutlich aus.

Daneben nahm der Nationalrat rund ein Dutzend Änderungen vor, die betragsmässig und über alles gesehen keine grossen Auswirkungen auf den Finanzhaushalt haben. Wie in den Vorjahren waren Aufstockungsanträge in der Landwirtschaft erfolgreich. Die grosse Kammer entschied, die Zulagen an die Milchwirtschaft respektive die Verkäsung im kommenden Jahr um 8 Millionen Franken und die Beihilfen an den Zuckerrübenanbau um 7 Millionen Franken zu erhöhen.

Weitere Budgetaufstockungen beschloss der Nationalrat in den Bereichen Forschung, Sport und Raumplanung. Er bewilligte 1,2 Millionen Franken zugunsten von Meteoschweiz, mit denen ein Naturgefahren- sowie ein Digitalisierungsprojekt unterstützt werden sollen, sowie 660’000 Franken für die Schaffung einer unabhängigen Anlauf- und Meldestelle für Opfer von Missbrauch im Sportbereich. 100’000 Franken mehr werden im Globalbudget des Bundesamts für Raumplanung (ARE) für ein KMU-Förderprogramm abgestellt.

All diese Entscheide sind unter Dach und Fach, weil der Ständerat am Dienstag bereits gleich entschieden hatte.

Gegenüber dem Ständerat verbleiben nach der ersten Beratungsrunde rekordverdächtig wenige Differenzen, nämlich nur deren fünf. Die gewichtigste betrifft die Personalausgaben des Bundes. Während die kleine Kammer zur Kompensation der Mehrausgaben über alle Departemente hinweg 21 Millionen Franken einsparen will, möchte der Nationalrat nichts davon wissen.

Anders als der Ständerat möchte der Nationalrat zudem das Kapital der Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft Sifem um 10 Millionen Franken aufstocken. Laut Maurer ist das nicht notwendig, weil in den vergangenen Jahren bereits genügend Mittel eingestellt worden seien.

Im Vergleich zum Ständeratsbeschluss verdoppeln will der Nationalrat ferner den Betrag für das Programm „Energie Schweiz“. Hauseigentümerinnen und -eigentümer, die Industrie und die Ausbildung im Energiebereich sollen demnach mit zusätzlichen 11,2 Millionen Franken gefördert werden.

Schliesslich will der Nationalrat Familienorganisationen zusätzlich mit einer Million Franken und Projekte zugunsten des Kinderschutzes und der Kinderrechte mit 390’000 Franken unterstützen.

Durch die Beschlüsse der grossen Kammer steigen die veranschlagten Ausgaben gegenüber dem Entwurf des Bundesrats unter dem Strich um rund 273 Millionen Franken. Im Vergleich zum Ständerat sind es zusätzliche 38 Millionen Franken.

Mit den Aufstockungen würde die Schuldenbremse nicht eingehalten. Deshalb beschloss die grosse Kammer, nicht nur die Corona-Hilfen für den öffentlichen Verkehr (215 Millionen Franken), sondern auch die 57,5 Millionen Franken für die Beschaffung von Medikamenten und Impfleistungen als ausserordentliche Ausgaben einzustellen. Finanzminister Maurer sprach von einem „Trickli“.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Budgetvorlage mit 130 zu 44 Stimmen an. Mit den wenigen verbliebenen Differenzen beschäftigt sich nächste Woche wieder der Ständerat.

(text:sda/bild:unsplash)