3 Juni 2024

Nationalrat empfiehlt ein Nein zur Umweltverantwortungsinitiative

Der Nationalrat empfiehlt die Umweltverantwortungsinitiative der jungen Grünen zur Ablehnung. SVP, FDP, Mitte und GLP stellten sich gegen die Initiative und ebenso gegen einen direkten Gegenentwurf.

Die Nein-Empfehlung beschloss die grosse Kammer am Montag deutlich, mit 129 gegen 60 Stimmen bei zwei Enthaltungen.

Die im Februar 2023 eingereichte Volksinitiative „für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen (Umweltverantwortungsinitiative)“ fordert einen Verfassungsartikel, wonach die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Schweiz nur so viele Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe freisetzen sollen, als dass die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten bleiben.

Auch einen Antrag einer rot-grünen Minderheit für einen direkten Gegenvorschlag lehnte die grosse Kammer mit 125 gegen 63 Stimmen und mit einer Enthaltung ab. Die Minderheit hatte beantragt, die Initiative im Grundsatz anzunehmen, dabei aber auf die im Initiativtext beschriebenen Übergangsbestimmungen – das Konzept der planetaren Grenzen als Richtlinie sowie eine Übergangsfrist von zehn Jahren für die Umsetzung – zu verzichten.

Der Nationalrat will somit keinen neuen Verfassungsartikel, der den Umweltschutz in der Schweiz zur Priorität machen soll.

Damit folgte die grosse Kammer dem Beschluss des Bundesrats und der Mehrheit der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek-N). Die Mehrheit war sich einig, dass die Initiative „extreme wirtschaftliche und gesellschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen würde“, sagte Kommissionssprecherin Monika Rüegger (SVP/OW).

Das sahen auch SVP, FDP, Mitte und GLP so – und lehnten sowohl die Initiative als auch den direkten Gegenentwurf ab. Mit der Annahme der Initiative würde eine „Wohlstandsvernichtung“ eingeleitet, „wie es sie in der Geschichte der Schweiz noch nie gegeben hat“, sagte Nicolo Paganini (Mitte/SG).

Der eigentliche „Killer“ der Initiative sei aber die geforderte Umsetzungsfrist von zehn Jahren. „Wir müssten auf ein Niveau kommen, wie es in den letzten Jahren Burkina Faso oder Bolivien (…) hatten“, sagte der Mitte-Nationalrat mit Bezug auf den Richtwert der Einhaltung der planetaren Grenzen.

Als „antiliberal“ bezeichnete Mike Egger (SVP/SG) das Anliegen. Produkte und Dienstleistungen aus der Schweiz müssten bei einer Annahme höhere Anforderungen erfüllen als solche aus dem Ausland. Dies würde zu massiven Mehrkosten für die Unternehmen, zu einer Anheizung der Teuerung und zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führen.

Wirtschaftswachstum und soziale Gerechtigkeit sollten nicht gefährdet werden, sagte Simone de Montmollin (FDP/GE). Die Förderung der Nachhaltigkeit der Wirtschaft sei bereits in mehreren Verfassungsartikeln verankert. Auch die GLP-Fraktion äusserte sich ablehnend. Eine Umsetzung der Initiative sei „unmöglich“ – mit einer Frist von zehn Jahren sowieso.

Der Bundesrat lehnte das Begehren ebenfalls ab und wollte auch keinen Gegenvorschlag dazu. Die Initiative würde zu „gravierenden Eingriffen in die Entscheidungsfreiheit der Einzelnen“ führen und gehe dem Bundesrat daher zu weit, sagte Umweltminister Albert Rösti.

„Momentan ist unser materielles Komfortniveau nur durch die Übernutzung der natürlichen Ressourcen möglich“, sagte hingegen Aline Trede (Grüne/BE). Es brauche nun eine fundamentale Änderung der Funktionsweise der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft. Ein „weiter wie bisher“ werde enorme Kosten für künftige Generationen verursachen, sagte Franziska Ryser (Grüne/SG). Dafür brauche es eine Wirtschaftspolitik, die sich nicht am BIP orientiere.

Die SP-Fraktion hätte einen Gegenentwurf gewollt. Er habe von niemandem gehört, dass es falsch sei, dass künftige Generationen auch noch Ressourcen hätten, um wirtschaften zu können, sagte Jon Pult (GR) dazu. Der Gegenentwurf sei daher ein berechtigtes Anliegen. „Man lässt sich bei der Umsetzung aber mehr Zeit und mehr Spielraum.“

Als nächstes debattiert der Ständerat über die Volksinitiative der Jungen Grünen.

(text:sda/bild:keystone)