29 November 2022

Nationalrat beginnt mit mehrtägiger Budgetdebatte

Der Nationalrat beschäftigt sich in den nächsten drei Tagen mit dem Bundesbudget. Während es im Voranschlag 2023 noch etwas Luft für Ausgaben gibt, sind die mittelfristigen Aussichten düster. Steuererhöhungen und Sparrunden sind längst kein Tabu mehr in Bundesbern.

Die Budgetdebatte wird geprägt sein von den Folgen der verschiedenen weltweiten Krisen, die auch die Schweiz zu spüren bekommt. Da sind die Ausläufer der Corona-Krise, der Ukraine-Krieg mit den grossen Flüchtlingsbewegungen und die drohenden Energie- und Stromengpässe. Dazu kommen teure Reformprojekte, die das Parlament teilweise bereits beschlossen, teilweise auf Kurs gebracht hat. All dies stellt eine grosse Belastung für den Bundeshaushalt dar.

Traditionellerweise nehmen die Budgetdebatten in der Wintersession viel Zeit in Anspruch. Für die erste Runde im Nationalrat sind drei Vormittage reserviert. In der kommenden Woche ist dann auch der Ständerat gefragt. Klar ist, dass Mitte Dezember ein Budget stehen muss, das die Regeln der Schuldenbremse einhält.

Der Bundesrat legte die ersten Kennzahlen für den Voranschlag 2023 Ende Juni vor. Demnach ist 2023 das Budget gemäss Schuldenbremse noch ausgeglichen – allerdings nur, weil Kosten im Zusammenhang mit den geflüchteten Personen aus der Ukraine ausserordentlich verbucht werden. Dieses Vorgehen hatte die Landesregierung auch in den Vorjahren bei zahlreichen Corona-Ausgaben gewählt.

Ab 2024 sind die Vorgaben der Schuldenbremse aufgrund von nicht finanzierten Mehrausgaben, etwa für die Armee oder den Klimaschutz, nicht eingehalten. Die Unsicherheiten seien gross, so der Bundesrat. Bis auf weiteres sei auf allen Stufen Zurückhaltung und finanzpolitische Disziplin gefordert, um den Bundeshaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen und zur Bewältigung von Krisen widerstandsfähig zu machen.

Im Hinblick auf den Finanzplan 2024-2026 weist die Regierung das Parlament mit Nachdruck auf die besorgniserregende Haushaltsentwicklung hin. Im schlechtesten Fall könnte das Finanzierungsdefizit bis 2026 auf sieben Milliarden Franken steigen, warnte Finanzminister Ueli Maurer im Sommer, der die Budgetdebatte zum letzten Mal vor seinem Rücktritt mitprägen wird.

Auch die Finanzkommission des Nationalrats (FK-N) zeigt sich besorgt über die Verdüsterung der finanzpolitischen Aussichten. Ohne drastische Korrekturen würden Steuererhöhungen und Sparprogramme bald unumgänglich, schrieb sie kürzlich nach einem finanzpolitischen Seminar. Angesichts des hohen Verlustes der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in den ersten drei Quartalen gebe es für 2023 zudem möglicherweise keine Ausschüttungen an Bund und Kantone.

Trotz dieser düsteren Aussichten will die Kommissionsmehrheit das Bundesbudget um rund 11 Millionen Franken erhöhen. Die zusätzlichen Mittel sind für die Förderung des Absatzes von Schweizer Wein, den Herdenschutz und die Staffel-Weltmeisterschaften, die 2024 in Lausanne ausgetragen werden, vorgesehen.

Das vom Bundesrat vorgelegte Budget sieht ein Defizit von 669 Millionen Franken vor. Die Schuldenbremse erlaubt wegen der konjunkturellen Lage jedoch ein Defizit von 878 Millionen Franken. Daraus ergibt sich ein Handlungsspielraum von 209 Millionen Franken. Zahlreiche Minderheits-, Fraktions- und Einzelanträge, die diesen Spielraum vergrössern beziehungsweise ausnützen wollen, werden im Nationalrat zu Diskussionen führen.

Neben dem Voranschlag 2023 werden sich die Räte in der laufenden Session auch mit den Nachtragskrediten für das zu Ende gehende Jahr beschäftigen. Dabei geht es etwa um 1,7 Milliarden Franken für das Reservekraftwerk Birr im Aargau, höhere Ausgaben aufgrund ukrainischer Flüchtlinge oder die Impfungen gegen die Affenpocken.

Künftig will die Finanzkommission des Nationalrats früher einbezogen werden, wenn grössere, neue Ausgaben anstehen – und Einfluss nehmen. Konkret will die Finanzkommission künftig eingreifen können, bevor das Parlament entscheidet, Geld auszugeben, das nicht vorhanden ist.

Heute können die Finanzkommissionen nur dann Vorschläge und Anträge stellen, wenn die Mehrausgaben vom Bundesrat kommen. Wenn solche Beschlüsse aber von Sachbereichskommissionen gefällt werden, können die Finanzkommissionen nicht mitreden.

(text:sda/bild:unsplash)