11 November 2021

Nach Boykott-Aufruf: „Back on Tour“-Konzerte nur halb voll

Schwerer Start für die „Back on Tour“-Konzerte der Nationalen Impfwoche: Lediglich 105 von 350 Besucherinnen und Besucher waren in Lausanne VD dabei, 185 in Sitten VS. Verantwortlich dafür könnte ein Boykott-Aufruf der Impfgegner sein.

Eigentlich waren sie alle bereits im Vorfeld ausverkauft, die Konzerte mit Schweizer Künstlerinnen wie Stefanie Heinzmann, Dabu, Danitsa, Kunz, Stress, Baschi oder Sophie Hunger. Zusammen mit dem Staff hätten 500 Personen pro Konzert anwesend sein dürfen, rund 350 Tickets pro Konzert wurden vergeben, jeweils zwei Tickets pro Person konnten bei Ticketcorner bestellt werden.

Beim ersten Konzert in Thun lief alles noch mehr oder weniger wie geplant: 252 Personen fanden sich am Montagabend zum Openair-Event ein, angesichts der erfahrungsmässig rund 20 Prozent „No-Shows“ bei Gratiskonzerten ein akzeptabler Wert, wie Oliver Rosen vom Konzernveranstalter Gadget abc am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte.

Doch einen Tag später in Lausanne VD tauchten plötzlich viel weniger Zuschauerinnen und Zuschauer auf, als Tickets reserviert worden waren: Gemäss Gadget abc wurden am Dienstagabend nur noch 105 Eintritte registriert.

Um das gleiche Szenario in Sitten zu vermeiden riefen die Organisatoren am Mittwoch auf den lokalen Radiosendern und den Sozialen Medien die Interessierten auf, sich doch spontan zum Konzert zu begeben. Der Erfolg dieser Aktion hielt sich in Grenzen: Auch in Sitten kamen am Schluss nur 185 Personen.

Sie bedauerten sehr, dass „nur ein Bruchteil der Personen erschienen ist“, schrieb der Projektleiter Impfoffensive des Bundes, Michael Beer, auf Anfrage. Zwar seien ihnen die Gründe dafür nicht im Detail bekannt. Sie könnten aber „nicht ausschliessen, dass massnahmenkritische Menschen die Tickets mit der Abschnitt, nicht aufzutauchen, reserviert haben“.

Der Co-Präsident der Massnahmen-Gegner-Bewegung Mass-Voll, Nicolas A. Rimoldi, verneinte auf Anfrage, etwas mit einer Boykott-Aktion zu tun zu haben. Sie seien keine Impfgegner sondern wehrten sich gegen den Impfzwang. Er könne sich jedoch vorstellen, dass gewisse Personen in Besitz eines Tickets später realisiert hätten, dass sie solche, mit „massiver Steuergeldverschwendung“ finanzierte Konzerte nicht unterstützen wollten.

Bei Ticketcorner hiess es auf Anfrage, sie hätten sie zwar einige Dutzend doppelte Bestellungen stornieren müssen. Aber Indizien auf systematischen Betrug hätten sie keine gehabt.

Die Künstlerinnen und Künstler der Impftour reagierten enttäuscht: Deutliche Worte wählte die Walliser Sängerin Heinzmann: „Dass es eine solche Boshaftigkeit gibt, eine Impfkampagne zu sabotieren, hätte ich nie gedacht. […] Das finde ich wahnsinnig schade“, sagte sie gegenüber dem „Walliser Boten“.

Der Rapper „Stress“ kritisierte im „Blick“, dass diese Leute von Freiheitsentzug sprächen, gleichzeitig aber anderen die Freiheit wegnähmen. „Das ist lächerlich“. Kurz vor den Festtagen gehe es doch auch darum, „seine Liebsten zu schützen“. Darüber müsse man sich Gedanken machen „und einen Dialog führen, wie wir aus der Pandemie kommen“.

Auch Dabu Bucher von Dabu Fantastic zeigte sich gegenüber dem „Blick“ genervt, „dass sie uns hindern, die Menschen zu informieren“. Die Organisatoren wollten ein bisschen Normalität zu den Menschen bringen. „Dass das nun von anderen Menschen sabotiert wird, ist total schade“. Er hoffe, dass zu den nächsten Konzerten alle Personen kommen könnten, die wollen.

Dass beiden verbleibenden Anlässe am Freitag in St. Fallen und Samstag in Luzern besser besucht werden, setzen sich nun auch die Verantwortlichen ein: Sie stünden mit den Behörden und Medienpartnern und prüften aktuell verschiedene Möglichkeiten, sagte Rosa. Mittlerweile ist auf der offiziellen Impfwoche-Homepage vermerkt, dass in St. Gallen an der Abendkasse noch kostenlose Tickets verfügbar sein werden.

(text:sda/bild:keystone)