24 September 2025

Mehr Wien wagen: Thun soll Läden an- und weitervermieten

Die österreichische Hauptstadt Wien ist eine der grössten Immobilienbesitzerinnen des Kontinents: Sie besitzt und bewirtschaftet über 220‘000 Wohnungen – und bremst damit den Mietpreisanstieg. Wien bewirtschaftet aber auch Laden- und Gewerbeflächen, welche sie zu städtischen – sprich, vergleichsweise tiefen – Preisen vermietet.

Wien soll bei Zweiterem für die Stadt Thun teilweise Vorbild sein. Zumindest wenn es nach der SP-Fraktion geht. Sie fordert in einem Postulat, dass der Gemeinderat prüft, ob die Stadt freiwerdende oder freistehende Ladenlokale anmieten und zu fairen Konditionen an lokale Anbieter:innen weitervermieten kann. Städte wie Wien, aber auch Basel und Winterthur würden aufzeigen, dass mit einer aktiven Liegenschaftspolitik, fairen Mietmodellen und der Förderung lokaler Anbieter:innen eine attraktive, vielfältige und sozialverträgliche Stadtentwicklung unterstützt werden könne, so die Begründung. Nun ist es, wie im Falle der Donaumetropole, billiger, eigene Liegenschaften zu fairen Preisen zu vermieten als, im Falle der Thunerseestadt, sie erst zu Marktpreisen an- und dann billiger weiterzuvermieten. Auch hinter der Finanzierung des eigentlich löblichen Anliegens steht noch ein Fragezeichen. Die entsprechende Finanzierung soll Teil des Prüfauftrags sein, erklärt Stadträtin Marianna Oesch Bartlome (SP).

Weiter soll der Gemeinderat aufzeigen, wie faire und nachhaltige Geschäftsmodelle (eine Erklärung, was damit gemeint ist, bleibt das Postulat schuldig) in der Innenstadt aktiv gefördert werden kann. Damit werde auch ein vielfältigeres Angebot geschaffen und es könne verhindert werden, dass vermehrt Billig-Dienstleistungen wie Barbershops oder Nagelstudios mit oft „tiefen Löhnen … und mangelhaften arbeitsrechtlichen Standards“ in die freiwerdenden Ladenlokale ziehen, heisst es im Postulat weiter.

Ganz zu schweigen davon, dass es für Stadtbewohner:innen, wie auch Stadtbesucher:innen in einer städtischen Einkaufsmeile attraktiver sein dürfte, etwas mehr antreffen, als die üblichen Müller, Orell Füssli, Manor, H&M, C&A und wahlweise Migros oder Coop oder beides.

Nun ist der Thuner Gemeinderat mit der Beantwortung an der Reihe, danach geht das Geschäft voraussichtlich im nächsten Frühjahr in den Stadtrat.

(text:csc/bild:adu)