26 September 2023

Krankenkassenprämien steigen 2024 im Schnitt um 8,7 Prozent

Die Krankenkassenprämien steigen um 8,7 Prozent. Die mittlere Monatsprämie in der Schweiz wird sich auf 359,50 Franken belaufen. Grund sind markant gestiegene Gesundheitskosten und weitere Faktoren. Die Krankenkassen können wegen gesunkener Reserven den Anstieg nicht dämpfen.

Der Anstieg der mittleren Monatsprämie 2024 beläuft sich damit auf 28,70 Franken, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag mitteilte. Es ist der grösste seit 2010. Die markanteste Erhöhung gibt es im Tessin mit 10,5 Prozent, die geringste mit 6,5 Prozent in Basel-Stadt und Appenzell-Innerrhoden. Im Kanton Bern sind es 8.3 Prozent.

Für Erwachsene steigen die Krankenkassenprämien um 33,80 Franken oder 8,6 Prozent auf 426,70 Franken im Monat. Junge Erwachsene müssen 300,60 Franken und damit 23,80 Franken oder 8,6 Prozent mehr zahlen. Die Monatsprämien für Kinder verteuern sich um 8 Franken oder 7,7 Prozent auf durchschnittlich 111,80 Franken.

Die Kosten stiegen seit dem zweiten Halbjahr 2021 und besonders im Verlauf des Jahrs 2023 stärker als erwartet. Im ersten Halbjahr 2023 resultierte ein Plus von 6,4 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Die Krankenkassen rechnen für das ganze Jahr mit einem Kostenanstieg von 5,3 Prozent und für 2024 mit einem weiteren um 3,4 Prozent.

Hauptgrund für die Prämienerhöhung 2024 sind die Kosten. Mehr Arztbesuche und ambulante Spitalleistungen sowie mehr und teurere Medikamente verursachten den Schub. Die Prämieneinnahmen decken 2023 die Kosten von etwa 35 Milliarden Franken zulasten der Krankenkassen nicht. Das war schon 2022 der Fall.

Die ambulanten Spitalleistungen kosteten 2022 pro versicherter Person 8,5 Prozent mehr. Diese Leistungen machen 19 Prozent der Gesamtkosten aus. Den starken Anstieg führt das BAG teilweise auf Abrechnungsverzögerungen wegen neuer Tarifstrukturen zurück.

Arztbesuche verzeichneten eine Kostensteigerung um 5,1 Prozent, wobei die Zahl der Besuche gleich hoch blieb. Medikamente mit einem Kostenanteil von 22 Prozent verteuerten sich im vergangenen Jahr um 5,5 Prozent und damit stärker als andere Posten. Krebsmedikamente, Immunsuppressiva und Antidiabetika waren für die Hälfte des Kostenwachstums pro Kopf verantwortlich.

Neben dem Kostenschub führt das BAG die Prämienerhöhung 2024 auf die nicht bei den Kassen angelangte Erhöhung um 6,6 Prozent im laufenden Jahr zurück.

Viele Versicherte wechselten den Grundversicherer oder wählten eine höhere Franchise. So stiegen die Prämien letztendlich nur um durchschnittlich 5,4 Prozent. Die dadurch tieferen Prämieneinnahmen schlagen sich nun im Prämienanstieg 2024 nieder. Schliesslich musste auch der Kostenanstieg 2024 eingerechnet werden.

Starke Nachholeffekte nach der Covid-19-Pandemie verstärkten diese Effekte noch. Das führte 2022 zu einem Verlust von 1,7 Milliarden Franken für die Versicherer. Der Kapitalmarkt brockte ihnen zudem einen Anlageverlust von 1,8 Milliarden ein.

Die Verluste deckten die Kassen aus den Reserven. Die Reserven sanken damit in der ganzen Branche auf 8,5 Milliarden Franken, was zwar ausreicht. Polster zur Dämpfung der Prämienentwicklung sind aber nicht mehr vorhanden.

„Schlechte Nachrichten für die bereits teuerungsgeplagten Haushalte“: Mit diesen Worten trat Gesundheitsminister und Bundespräsident Alain Berset am Dienstag vor die Medien. Zum letzten Mal in seiner Karriere gab er eine Erhöhung der Krankenkassenprämien bekannt: Sie steigen 2024 um 8,7 Prozent.

Gleichzeitig verwies Berset auf die vom Bundesrat eingeleiteten Sparbemühungen im Gesundheitswesen. Er nannte die Vorschläge zur Förderung von Generika und Biosimilars, von der sich die Landesregierung Einsparungen von 250 Millionen Franken im Jahr verspricht.

Das Schweizer Gesundheitssystem sei gut, habe aber seinen Preis. Dabei seien die Versicherten den Prämienanstiegen „nicht einfach ausgeliefert“. Im Gesundheitswesen sei bereits gespart worden und werde weiter gespart.

Allerdings stehen den Bemühungen Widerstände entgegen. Berset erinnerte an die im Parlament nach drei Jahren gescheiterte neue Preisfestsetzung für Medikamente. Andere Sparversuche hätten die eidgenössischen Räte stark verwässert. Angesichts des grossen Prämienanstiegs 2024 müssten energischere Massnahmen her.

Der Prämienanstieg 2024 sei von drei Elementen geprägt: Den Kostenanstieg im Gesundheitswesen, die durch die Prämien ungedeckten Kosten und die Verluste der Krankenkassen.

(text:sda/bild:keystone)