18 August 2021

GPK-Bericht zur BLS: Armutszeugnis für die Berner Kantonsregierung

Die BLS AG, an welcher der Kanton Bern mit einem Anteil von 55,8 Prozent beteiligt ist, stand in den letzten zwei Jahren wiederholt in den Schlagzeilen, weil sie von Bund und Kantonen für den abgeltungsberechtigten Personenverkehr zu hohe Abgeltungen bezogen hatte. Zunächst waren Mängel beim sogenannten Zinsglättungsmodell bekannt geworden. Später wurde öffentlich, dass die BLS AG in ihren Offerten zu tiefe Erlöse aus dem Tarifverbund Libero eingerechnet hatte und sich das Unternehmen deswegen verpflichten musste, erneut einen mittleren zweistelligen Millionen-Betrag an die Besteller zurückzuzahlen. Überprüfungen durch weitere Instanzen, so beispielsweise durch die eidgenössische Finanzkontrolle (EFK), wiesen auf weitere Mängel hin.

Obwohl diese Vorkommnisse Stück für Stück an die Öffentlichkeit traten, blieben die zuständige Direktion und der Regierungsrat, welcher gemäss Verfassung die Aufsicht über seine Beteiligung wahrzunehmen hat, passiv. So gab der Regierungsrat in den Jahren 2019 und 2020 grünes Licht, dass an der Generalversammlung Décharge erteilt wurde, obwohl Abklärungen zur Verantwortlichkeit der Unstimmigkeiten noch am Laufen waren. Regierungsrat und Direktion überliessen es weitgehend dem BLS-Verwaltungsrat, die Vorfälle abzuklären. Sie verpassten es nach Einschätzung der GPK, gegenüber der Öffentlichkeit ein klares Zeichen auszusenden, dass sie die Angelegenheit minuziös durchleuchten und Transparenz schaffen wollen.

Kritik äussert die GPK auch an der ungenügenden Kooperationsbereitschaft der BLS AG sowie der zuständigen Direktion gegenüber den kantonalen Aufsichtsorganen. So musste die kantonale Finanzkontrolle (FK) im Juli 2020 ihre Prüfungen auf Eis legen, weil sich sowohl die BLS AG als auch die zuständige Direktion der gesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkungspflicht widersetzt hatten. Dies indem sie der FK gewisse Dokumente nicht ausgehändigt oder die Legitimation der FK als Prüforgan generell in Frage gestellt hatten. Die BLS AG zweifelte auch die Aufsichtsbefugnisse der GPK an. Dies unterstreicht nach Ansicht der GPK, dass die Aufsicht über die BLS AG letztlich nicht richtig funktioniert hat.

Der Regierungsrat hat den Bericht der GPK zur Aufsicht über die BLS AG zur Kenntnis genommen. Er beurteilt den Sachverhalt in wichtigen Punkten anders als die Kommission. Das betrifft insbesondere Fragen der Zuständigkeit des Kantons als Besteller und Miteigner. Die BLS AG sei eine Aktiengesellschaft, die Aufarbeitung der BLS-Fehltritte also Aufgabe des Verwaltungsrates, entgegnet etwa Regierungsrat Christoph Neuhaus im Gespräch mit Radio BeO, auch verweist er auf den Bund als Aufsichtsbehörde. GPK-Präsident Peter Siegenthaler will das so nicht gelten lassen. Es könne doch nicht angehen, dass der Inhaber eines Unternehmens die ganze Verantwortung auf den Verwaltungsrat abschiebe und so tue, als hätte er keinerlei Interesse daran, wie sich das Unternehmen entwickle.

Der Bericht geht nun in den Grossen Rat, der berät in seiner Herbstsession darüber.

(text:pd,cs/bild:beo)