23 Juli 2022

Im Oberland trifft man zur Zeit weitgereiste Wandervögel

Bei sommerlichen Temperaturen zieht es viele Menschen in die Berge. Derzeit stehen die Chancen gut, einem besonders ausdauernden «Wandervogel» zu begegnen:
dem Steinschmätzer. Ungefähr seit Ende April kann man den sperlingsgrossen Singvogel auf mit Steinen und Geröll durchsetzten Alpweiden im Berner Oberland antreffen.

Mit seiner kontrastreichen Zeichnung und der dunklen Gesichtsmaske ist er eine auffällige Erscheinung. Das spektakulärste am Steinschmätzer ist aber sein Zugverhalten. Er brütet zwar auf der gesamten Nordhalbkugel, und dennoch überwintern alle Populationen in der Sahelzone Afrikas. Die Steinschmätzer Alaskas legen dabei einen der längsten Zugwege überhaupt zurück: Sie fliegen über ganz Asien nach Afrika und bewältigen dabei eine Strecke von unglaublichen 15 000 Kilometern!

Die Leistung der ostkanadischen gel ist aber nicht minder spektakulär, fliegen sie doch 3000 Kilometer ohne Unterbruch über den Atlantik, um via Strasse von Gibraltar nach Afrika zu gelangen. Ganz so weit müssen die Schweizer Steinschmätzer nicht fliegen. Welchen Weg in den Süden unsere Vögel aber wählen, war bislang unklar. Fachleute der Vogelwarte und anderer Forschungseinrichtungen konnten nun dieses fehlende Puzzleteil zum faszinierenden Zugverhalten des Steinschmätzers hinzufügen.

Um ihre Zugwege erforschen zu können, statteten sie Vögel aus dem Tessin, den Hohen Tauern (Österreich) und RheinlandPfalz (Deutschland) mit Geolokatoren aus. So fanden sie heraus, dass die in den Schweizer und österreichischen Alpen brütenden Steinschmätzer für den Zug den direktesten Weg über Italien und das Mittelmeer wählen. Vögel aus RheinlandPfalz hingegen versuchen, die Alpen und das Meer zu umfliegen und ziehen via Iberische Halbinsel und Strasse von Gibraltar nach Afrika.

(text:ol,pd/bild:zvg-marcelburkhardt)