23 September 2021

Freispruch für Genfer Aktivisten nach Demo während Lockdown

Das Genfer Polizeigericht hat am Donnerstag sechs von sieben Aktivisten freigesprochen, die nach einem friedlichen Protest während des Lockdowns im Mai 2020 zu einer Geldstrafe verurteilt worden waren. In seinem Urteil kam das Gericht zum Schluss, dass die Polizei mit mehr Zurückhaltung hätte vorgehen müssen.

Die Mitglieder einer neuen Bürgerbewegung hatten am 6. und 12. Mai 2020 vor dem Genfer Hauptbahnhof Cornavin für einen humanistischeren, sozialeren und ökologischeren Neuanfang nach dem Ende der Coronakrise demonstriert. Sie standen schweigend in vier Quadratmeter grossen Quadraten, die sie zuvor mit Kreide auf den Boden gezeichnet hatten, um die nötigen Hygiene-Abstände zu anderen Personen einzuhalten.

Versammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum waren damals verboten. Aus Videos und Fotos gehe eindeutig hervor, dass sich die Teilnehmer des Protests in Gruppen von weniger als fünf Personen versammelt hätten, stellte das Polizeigericht in dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil fest.

Das Gericht sprach die Aktivisten vom Vorwurf frei, sich während einer Pandemie unrechtmässig versammelt zu haben. Einige von ihnen waren zuvor zu einer Geldstrafe von 750 Franken verurteilt worden.

Weiter kam das Polizeigericht zum Schluss, dass die Aktion unter das Demonstrationsgesetz falle. Die Polizei habe also das Recht zum Eingreifen besessen. Die Ordnungshüter hätten aber mehr Zurückhaltung walten lassen müssen.

Die Aktion sei äusserst friedlich und ruhig verlaufen, bis die Polizei eingegriffen habe, erklärte das Gericht. Die Polizei hätte den Aktivisten nach der Aufforderung, sich zu entfernen und ihre Ausweise vorzuzeigen, einige Minuten Zeit geben müssen, um dieser nachzukommen.

Schliesslich wurde nur einer der sieben Demonstranten für schuldig befunden, weil sich dieser der Aufforderung der Polizei widersetzt hatte. Das Polizeigericht sah jedoch wegen der Geringfügigkeit des Vergehens und der Art und Weise, wie die Polizei eingegriffen hatte, von einer Strafe ab. Die Verfahrenskosten werden vom Staat getragen, mit Ausnahme eines Teils der Kosten des verurteilten Aktivisten.

(text:sda/bild:unsplash)