8 Juli 2022

Finanzkontrolle und Armasuisse streiten sich wegen Kampfjet-Preis

In Bundesbern wird heftig darüber gestritten, wie verbindlich der Kaufpreis der 36 neuen Kampfjets des US-amerikanischen Herstellers Lockheed Martin ist. Während die Finanzkontrolle hohe finanzielle Risiken sieht, verteidigt sich das zuständige Bundesamt vehement.

Laut dem am Freitag kurzfristig publizierten, entklassifizierten Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) gibt es bei der Beschaffung der F-35-Jets „keine rechtliche Sicherheit für einen Festpreis im Sinne einer Pauschale nach schweizerischer Rechtsprechung“. Eine Unsicherheit bestehe auch bei den Betriebs- und Wartungskosten über die gesamte Lebensdauer.

Die Verträge sehen laut der EFK im Übrigen keinen Streitbeilegungsmechanismus vor, beispielsweise den Gang vor ein Schiedsgericht. „In jedem Fall ist die Unsicherheit gross genug, um sie in der Risikoanalyse des Programms ‚Air2030‘ aufzunehmen.“

Kritik gibt es von der Finanzkontrolle auch für einen Auftrag in Höhe von 550’000 Franken, den das Verteidigungsdepartement einer Zürcher Anwaltskanzlei erteilt hatte. Diese sollte die Evaluation für das neue Kampfflugzeug plausibilisieren.

Ausser einem Bestätigungsschreiben von zwei Seiten, wonach Rangfolge der Anbieter gemäss Kosten-Nutzen-Verhältnis plausibel ist, habe die Finanzkontrolle keine detaillierten Angaben erhalten, welche Arbeiten die Anwaltskanzlei durchgeführt habe. Es lägen keine Belege wie eine detaillierte Stundenauflistung, Gesprächsprotokolle, Ergebnispräsentationen oder ein Schlussbericht vor.

Die EFK empfiehlt dem Bundesamt für Rüstung (Armasuisse), Massnahmen zur Beherrschung der finanziellen Risiken festzulegen. Es bestehe Verbesserungspotenzial.

Armasuisse weist die Ausführungen und die daraus resultierende Empfehlung der EFK zum Festpreis jedoch entschieden zurück, wie es in einer gleichzeitig veröffentlichten Stellungnahme heisst. Die USA und die Schweiz hätten sich schriftlich darauf geeinigt, dass die US-Regierung die F-35 beim Hersteller über einen Festpreisvertrag kaufe und diese der Schweiz zum selben Festpreis weiterverkaufe. Dieser Preis berücksichtige auch die US-amerikanische Inflation.

Auch punkto Betriebskosten verfüge die Schweiz über eine hohe Planungssicherheit. Die Betriebskosten seien bis ins Jahr 2040 „verbindlich offeriert“. Zudem zeige die über vierzigjährige Erfahrung der Armasuisse bei der Abwicklung von Rüstungsgeschäften, „dass es in keinem der vielen Verträge zu Kostenüberschreitungen gekommen ist“.

Trotz der Empfehlung der EFK sieht die Armasuisse keine Veranlassung dafür, am aktuellen Kampfjet-Beschaffungsprogramm Änderungen vorzunehmen, wie sie weiter schreibt. Vielmehr seien die positiven Aspekte der Prüfung herauszuheben. Beispielsweise schreibt die EFK im selben Bericht, „dass das Risikomanagement dieses Programms klar definiert wurde und angemessen umgesetzt wird“.

Die Armasuisse lässt es jedoch nicht bei dieser Replik bleiben. Sie kritisiert die Finanzkontrolleure scharf für deren Bericht. „Letztlich gefährdet die EFK die Interessen der Eidgenossenschaft erheblich, wenn sie die klaren und ausdrücklich bestätigten vertraglichen Vereinbarungen mit den USA infrage stellt“, heisst es etwa.

Die Empfehlungen der EFK basierten primär auf „abstrakten Überlegungen und Erfahrungen aus dem Ausland“. Diese Zweifel – etwa an der Betriebskostenschätzung – seien nicht durch spezifische Befunde indiziert.

Allgemein muss festgehalten werden, dass die EFK keine Finanzprüfung der Kosten des F-35 durchgeführt hat. Auch befasste sie sich nicht mit der Evaluationsphase der Bewerber, die zur Wahl des US-amerikanischen Kampfjets führte. Damit beschäftigt sich derzeit die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N).

Im Juni 2021 hatte die Verteidigungsministerin Viola Amherd bekanntgegeben, dass die Wahl für das neue Kampfflugzeug auf den F-35 des US-Herstellers Lockheed Martin fiel. Der Entscheid für dieses Modell führte zu zahlreichen Diskussionen auf politischer Ebene und in den Medien.

Zu reden gab am Freitag ein unbestätigter Bericht von Radio SRF. Demnach wusste Amherd zum Zeitpunkt des Typenentscheids, dass Frankreich weitreichende politische Gegengeschäfte für den Kauf des französischen Kampfjets Rafal zugesichert hat. Das widerspricht der Darstellung des VBS.

Laut eines unbestätigten Berichts der „Republik“ von Januar 2022 beinhaltete die angebotenen Gegengeschäfte Frankreichs weitgehende Unterstützung der Schweiz bei Verhandlungen mit der EU. Zudem habe sich Frankreich bereiterklärt, einen höheren Teil der Steuereinnahmen durch Grenzgänger an die Schweiz zu überweisen.

Im Parlament ist die Beschaffung dagegen auf Kurs. Wie der Ständerat drängt auch die zuständige Nationalratskommission auf eine rasche Beschaffung der F-35-Kampfflugzeuge. Ein definitiver Entscheid steht jedoch noch aus. Die Kommission will im August und September zuerst noch über die Berichte der EFK und der GPK-N diskutieren.

Eine Minderheit will dagegen die allfällige Volksabstimmung zur Initiative „Stopp F-35“ abwarten. Linke Kreise fordern seit längerem, dass der Bundesrat eine Vorlage zur Beschaffung eines europäischen Kampfflugzeuges vorlegen soll.

Es geht um eine Menge Geld: 6,155 Milliarden Franken sind für die F-35-Kampfjets inklusive bauliche Massnahmen eingeplant. Die neuen Flugzeuge sollen die 25 F-5-Tiger-Jets und die 30 F/A-18-Hornet-Jets ersetzen.

(text:sda/bild:unsplash-symbolbild)