5 Juni 2023

Ex-US-Vizepräsident Mike Pence will ins Weisse Haus

Der frühere US-Vizepräsident Mike Pence will Präsident der Vereinigten Staaten werden. Der Republikaner reichte am Montag die erforderlichen Unterlagen bei der Bundeswahlkommission ein, um sich für die Kandidatur seiner Partei bei der Wahl 2024 zu bewerben. Pence‘ offizielle Ankündigung der Präsidentschaftsbewerbung wird an diesem Mittwoch erwartet. Der 63-Jährige fordert damit auch seinen früheren Chef Donald Trump (76) heraus, der nach seiner Niederlage 2020 wieder antreten will. Von 2017 bis 2021 war Pence dessen Stellvertreter gewesen. Die beiden haben ein schwieriges Verhältnis – und eine durchwachsene gemeinsame Vergangenheit.

Es wurde lange erwartet, dass Pence ins Präsidentschaftsrennen einsteigen würde. Über Monate befeuerte er öffentlich Spekulationen dazu, zuletzt zunehmend deutlich. Am Mittwoch – an seinem 64. Geburtstag – soll Pence dann dem Vernehmen nach offiziell über den Tag verteilt auf allen Kanälen seine Ambitionen für das höchste Amt im Staat vortragen: mit der Veröffentlichung eines Wahlkampfvideos, einem Auftritt im Bundesstaat Iowa und am Abend (Ortszeit) schliesslich mit einer Bürgerfragestunde beim Fernsehsender CNN.

Mit seiner Bewerbung erweitert Pence das Feld der republikanischen Aspiranten. Die prominentesten darunter neben Trump: der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, und die ehemalige US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley. Weitere dürften folgen. Wer am Ende der offizielle Kandidat wird, entscheidet eine parteiinterne Vorwahl. Bei den Demokraten ist weniger Bewegung zu erwarten. US-Präsident Joe Biden tritt zur Wiederwahl an, und als Amtsinhaber dürfte er aus den eigenen Reihen kaum ernstzunehmende Konkurrenz im Wahlkampf bekommen.

Auf republikanischer Seite führt Trump das Bewerberfeld in Umfragen an. Pence liegt derzeit weit zurück. Durch seine Amtszeit als Vizepräsident hat er zwar einen hohen Bekanntheitsgrad, allerdings hat er mit schlechten Beliebtheitswerten zu kämpfen.

Pence versteht sich als „klassischer Konservativer“, der die Republikanische Partei zu ihren Wurzeln zurückbringen will. Er ist tiefgläubig, spricht gerne und viel über Religion, pflegt das Image des braven Staatsdieners. Für Trump deckte der evangelikale Christ damals diese wichtige Wählergruppe ab. Pence unterstützt auch ein landesweites Abtreibungsverbot, was vielen Konservativen, gerade am äusseren Rand, sehr wichtig ist.

Jahrelang trat Pence als treu ergebener Weggefährte Trumps auf. Weit mehr noch als andere Vizepräsidenten vor ihm war er darauf erpicht, seinen Chef ständig zu loben und auf eine Art Podest zu heben. Doch spätestens in den Wirren nach der Präsidentschaftswahl 2020 wurde das Verhältnis der beiden nachhaltig beschädigt. Der abgewählte Trump, der sich damals mit aller Kraft gegen seine Wahlniederlage stemmte, hetzte seine Anhänger auch gegen Pence auf.

Trump-Anhänger erstürmten am 6. Januar 2021 den Kongresssitz, während dort unter Vorsitz von Pence der Sieg des Demokraten Biden bestätigt werden sollte. Trump hatte in den Tagen davor unter anderem behauptet, dass Pence Wahlergebnisse aus einzelnen Bundesstaaten einfach ablehnen könnte, was Rechtsexperten und auch der Vizepräsident für unrechtmässig hielten. Während des Kapitol-Sturms twitterte Trump, Pence habe „nicht den Mut gehabt, das zu tun, was getan werden sollte“. Aus dem Mob kamen Rufe wie „Hängt Pence“. Nach dem Ende der Attacke schloss der Kongress unter Pence‘ Vorsitz die Bestätigung von Bidens Sieg ab. Pence bezeichnete Trumps damalige Äusserungen und auch sein Verhalten später als gefährlich.

Zuletzt äusserte sich Pence wieder gemässigt über seinen ehemaligen Chef. So lehnte er etwa eine Anklage Trumps wegen dessen Rolle beim Sturm auf das Kapitol ab. „Das würde unheimlich spalten in einem Land und zu einer Zeit, in der das amerikanische Volk sehen will, dass wir heilen“, sagte Pence. Mit der gleichen Begründung verteidigte er Trump gegen die Anklage wegen Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar.

Insgesamt steckt der Republikaner in einem Dilemma: Einerseits muss er die Errungenschaften aus der gemeinsamen Regierungszeit mit Trump preisen, um seine eigene politische Bilanz hervorzuheben. Andererseits muss er sich von seinem alten Chef abheben und den Menschen klar machen, warum er diesen jetzt für die falsche Besetzung im Weissen Haus hält.

Auch andere republikanische Präsidentschaftsbewerber haben den schwierigen Spagat zu bewältigen, die Trump-Fans an der Basis nicht zu verschrecken und sich zugleich als bessere Alternative zum Ex-Präsidenten zu präsentieren. Für einen Mike Pence, der in der denkwürdigen Amtszeit Trumps vier Jahre lang loyal an dessen Seite stand, gilt das umso mehr.

(text:sda/bild:sda)