Der Kanton Bern verliert den interkantonalen Steuerkrieg
Die Innerschweizer Kantone planen, die Steuern weiter zu senken. Dabei sind etwa Zug und Nidwalden ohnehin schon Tiefsteuerkantone. Für den Hochsteuerkanton Bern sind das schlechte Nachrichten.
Ein Beispiel im Steuerrechner zeigt: Schon jetzt sind die Unterschiede frappant. Eine alleinstehende Person mit einem steuerbaren Einkommen von 100‘000 Franken im Jahr zahlt in der Stadt Thun fast das Dreifache an Gemeinde- und Kantonssteuern als in Baar ZG. Wenn die Innerschweizer Kantone den interkantonalen Steuerwettbewerb jetzt noch weiter anheizen, bleibt Bern trotz Steuersenkungen im Vergleich weiterhin eine Steuerhölle.
Der Steuerwettbewerb unter den Kantonen sei ohnehin unfair, findet die Könizer SP-Grossrätin und Mitglieder der grossrätlichen Finanzkommission (FiKo) ,Tanja Bauer. Die Innerschweizer Kantone hätten deutlich tiefere Infrastrukturkosten als der Kanton Bern – und würden bei anderen Kantonen trittbrettfahren: Weder Zug noch Nidwalden müssen beispielsweise eine Universität oder ein Unispital finanzieren. Dazu kommt, dass etwa Zug mittlerweile ein de facto Stadtkanton ist, der im Gegensatz zu Bern, keine dünn besiedelten Randregionen wie den Berner Jura oder das Oberland kostenintensiv erschliessen muss. Beim interkantonalen Steuerwettbewerb könne der Kanton Bern nur verlieren.
Anders sieht das erwartungsgemäss ihr FiKo-Kollege, der Thuner FDP-Grossrat Carlos Reinhard. Er sieht den Wettbewerb positiv: Der Wettbewerb zwinge die Kantone vorsichtig mit den Steuergeldern umzugehen und nur so viel einzunehmen, wie auch gebraucht wird. „Wettbewerb ist immer gut“, zeigt sich Reinhard überzeugt. Allerdings hat der Berner Regierungsrat bereits selbst aufgezeigt, dass Bern ist ein Kanton mit einer überdurchschnittlichen Steuerlast, aber einem unterdurchschnittlichen Leistungsangebot ist. Ein Race-to-the-Bottom kann sich der Kanton also gar nicht leisten: Am Schluss verlieren im interkantonalen Steuerwettbewerb die Bürgerinnen und Bürger, insbesondere jene mit tiefen und mittleren Einkommen. Bauer findet auch deshalb, dass der Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen eingeschränkt werden müsse. Gerade für den Kanton Bern sei der Wettbewerb schlecht – er werde nie mithalten können. Da müssten ihrer Ansicht nach alle Berner Parteien zusammenspannen. Auf der Bürgerlichen Seite ist aber wohl wenig Unterstützung zu erwarten.
Die Schere zwischen Arm und Reich geht aber nicht nur zwischen den Kantonen immer weiter auf, sondern nachweislich auch in der Gesellschaft. Das Race-to-the-Bottom dürfte diesen Trend weiter verstärken, zumal Vermögen kaum – und direkte Erbschaften gar nicht – besteuert werden. Da würde Bauer ansetzen: Mit den zusätzlichen Einnahmen aus Vermögens- und Erbschaftssteuern könnten beispielsweise die Einkommenssteuern gesenkt werden. Mit diesem Vorschlag ist Bauer denn auch liberaler unterwegs als die FDP: Leistung soll mehr zählen als die Geburt bzw. Herkunft. Entsprechende Vorstösse etwa zu einer Erbschaftssteuer wurden im Grossen Rat auch bereits eingereicht, scheiterten aber an der bürgerlichen Mehrheit.
(text:csc/bild:csc)