24 September 2021

Bundesrat will an Ende des generellen Gratistest-Regimes festhalten

Der Bundesrat geht auf Konfrontation mit dem Parlament: Zwar bleiben Corona-Tests für alle zehn Tage länger gratis. Ab dem 11. Oktober bis Ende November soll der Bund die Kosten aber nur noch für Erstgeimpfte übernehmen. Definitiv entschieden wird in einer Woche.

Gesundheitsminister Alain Berset bezeichnete das Vorgehen des Bundesrats am Freitag vor den Medien in Bern als „pragmatisch“. Es gebe zwar die Möglichkeit, die Gratistests für alle weiter zu verlängern, der Bundesrat halte das aber für den falschen Weg.

Dafür gebe er nun denjenigen Personen eine Schonfrist, „für die es nicht einfach ist, eine Impfung zu organisieren“. Die Erstgeimpften seien auf dem Weg, sich und andere zu schützen. „Deshalb wollen wir die Gratistestphase für sie verlängern.“

Neben dieser Gruppe sollen Tests nach den Plänen des Bundesrats auch für Personen kostenlos bleiben, die Symptome haben, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können oder die Angehörige in Heimen oder Spitälern besuchen. Schwangere sollen dagegen künftig ein Attest vorweisen müssen, wenn sie sich kostenlos testen lassen wollen.

Dass der Bundesrat seinen ursprünglichen Entscheid nicht grundsätzlich revidieren will, begründet er mit den Kosten. Es sei nicht Aufgabe der Allgemeinheit, die Testkosten für Personen zu finanzieren, die sich nicht impfen liessen, sagte Berset.

Bei einer unbefristeten Kostenübernahme durch den Bund würde das die Staatskasse gemäss Schätzungen des Bundesrats mit rund 47 Millionen Franken pro Woche belasten. „Wir haben sehr viel Geld in die Tests investiert, gut investiertes Geld“, sagte Berset. Nun, da ein Impfstoff für die breite Bevölkerung verfügbar sei, sollte das Geld in die Impfung investiert werden.

Berset appellierte erneut an die ungeimpfte Bevölkerung: „Bitte lassen Sie sich impfen.“ Das sei der einzige Weg aus der Krise, weil das Testen die Bevölkerung nicht immun gegen das Virus mache.

Mit dem geplanten Ende der Gratistests für alle übt der Bundesrat indirekt Druck auf, sich rasch impfen zu lassen. Gleichzeitig machte Berset klar, dass derzeit nicht in Diskussion stehe, wie in anderen Ländern auf eine 2G-Strategie zu setzen, in der nur noch Genesene und Geimpfte Zugang zu bestimmten Einrichtungen haben.

Den Blick ins Ausland richtete Berset trotzdem: „Die Nachbarländer sind bei der Impfung weiter als wir“, sagte er. In der Schweiz sei das Impfziel dagegen noch nicht erreicht, darum sei die Lage noch nicht unter Kontrolle, und deshalb könnten auch die Massnahmen nicht gelockert werden.

Wenn sich die Situation bis Ende Oktober nicht dramatisch verschlechtere, seien aber wieder Lockerungen möglich, sagte Berset. Am Freitag verzeichnete der Bund 1502 neue Coronavirus-Ansteckungen innert 24 Stunden – deutlich weniger als vor Wochenfrist. Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) dämpfte aber sogleich die Erwartungen: In der kalten Jahreszeit sei eine Zunahme der Infektionszahlen wahrscheinlich.

Der Druck auf den Bundesrat, die Massnahmen zu lockern, dürfte indes hoch bleiben. Bereits am Mittwoch hatte Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) verlangt, dass die Kosten für alle Tests bis auf weiteres vom Bund übernommen werden sollen. SVP, SP, Mitte-Partei, Grüne und Gewerbeverband bekräftigten diese Haltung am Freitag.

Der Bundesrat habe durchaus Gehör für die laufenden Diskussionen, sagte Berset. In Bezug auf die Ausschreitungen und Demonstrationen gegen das Covid-Zertifikat in den vergangenen Tagen hielt er fest: „Die Entwicklung der Stimmung in der Bevölkerung verfolgen wir mit Sorge.“ Es gehöre aber dazu, dass nicht immer alle mit den Entscheiden zufrieden seien. Man dürfe dabei aber nicht vergessen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung die Massnahmen unterstütze.

Weit weniger umstritten dürften die weiteren Entscheide sein, die der Bundesrat am Freitag bekanntgab. So soll etwa eine nationale zentrale elektronische Anmeldestelle für Covid-Zertifikate aufgebaut werden, damit Touristinnen und Touristen einfach in der Schweiz ein Zertifikat erhalten können. Die Übergangsfrist, während der Touristen bei einem Restaurantbesuch oder Ähnlichem auch physische Impfnachweise wie das gelbe Impfbüchlein vorlegen können, wird um zwei Wochen bis zum 24. Oktober verlängert.

Schliesslich begrüsst der Bundesrat die Einführung einer Zertifikatspflicht für das Bundeshaus. Das Parlament könne so einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten, schreibt er in seiner Stellungnahme auf eine Vorlage, die das Parlament noch nächste Woche verabschieden will. Die Zertifikatspflicht soll ab dem 2. Oktober für alle Personen gelten, die das Bundeshaus betreten.

(text&bild:sda)