12 Dezember 2025

Bundesrat hält SVP-Grenzschutzinitiative für kontraproduktiv

Der Bundesrat fürchtet bei einer Annahme der Grenzschutzinitiative der SVP schwere wirtschaftliche Schäden und eine Schwächung der inneren Sicherheit. Er lehnt sie ohne Gegenvorschlag ab.

Die Landesregierung entschied an ihrer Sitzung vom Freitag über ihren Antrag ans Parlament zum Volksbegehren mit dem Titel „Asylmissbrauch stoppen! (Grenzschutzinitiative)“, wie sie mitteilte. Die Initiative wäre nur schwer umsetzbar, schrieb der Bundesrat. Sie würde hohe Kosten verursachen. Müsste die Schweiz die Abkommen von Schengen und Dublin kündigen, könnte zudem die Sekundärmigration zunehmen.

Die Initiative fordert systematische Grenzkontrollen und Verschärfungen des Asylrechts in mehreren Punkten. Dazu gehört, dass Personen an der Grenze zurückgewiesen werden, wenn sie die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen. Personen, die über einen sicheren Drittstaat einreisen, sollen weder Asyl noch eine vorläufige Aufnahme erhalten. Neu könnten höchstens 5000 Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller pro Jahr Asyl erhalten.

Bei einer Annahme der Initiative müsste die Schweiz internationale Abkommen neu verhandeln oder kündigen, falls diese mit den neuen Bestimmungen nicht vereinbar sind.

Kantone und Gemeinden sollen gemäss Initiativtext illegal eingereiste Personen dem Bund melden müssen. Generell soll für die Betroffenen eine Ausreisefrist von 90 Tagen gelten.

Zu Sozial- und Krankenversicherungen sollen sie nach dem Willen der Initianten keinen Zugang mehr haben, ihre Arbeitsverträge nichtig sein. Nach Annahme der Initiative sollen ausserdem keine vorläufigen Aufnahmen mehr gewährt werden und keine entsprechenden Ausweise mehr ausgestellt werden.

Dem Bundesrat wirft das Komitee auf seiner Website vor, die Kontrolle verloren zu haben: „Wenn jemand einmal hier ist, bleibt er hier. Kaum ein nicht rechtmässiger Asylant wird ausgeschafft.“

Das Initiativkomitee ist der Ansicht, zu viele Menschen ohne Asylgrund kämen aus wirtschaftlichen Gründen in die Schweiz, wie seiner Website zu entnehmen ist. Es argumentiert zudem mit den hohen Kosten im Asylwesen und Straftaten durch Asylsuchende.

Die Landesregierung hält dem entgegen, lückenlose Grenzkontrollen hätten einen massiv höheren Personalbedarf und hohe Kosten zur Folge. Auch mit den von den Initianten geforderten vereinfachten Verfahren für Grenzgänger und in der Schweiz ansässige Personen käme es zu Staus und die Wirtschaft würde beeinträchtigt, hiess es im Communiqué weiter: „Der Bundesrat rechnet mit einem markanten Rückgang der Wirtschaftsleistung und Mehrkosten von mehreren hundert Millionen Franken pro Jahr.“

Auch in Bezug auf Asyl-Kosten und Kriminalität könnte sich die Initiative laut dem Bundesrat kontraproduktiv auswirken. Dies etwa, wenn Personen nicht weggewiesen werden, aber auch nicht für ihren Lebensunterhalt aufkommen können. „Dieses Fehlen von Perspektiven könnte zur Entstehung von Parallelgesellschaften, zu gesellschaftlichen Spannungen und zu zusätzlicher Kriminalität führen.“

Die Grenzschutzinitiative würde dazu führen, dass die Schweiz keine Asylsuchenden mehr gemäss den Dublin-Regeln an EU-Staaten überstellen könnte, in denen sie bereits ein Asylgesuch gestellt hätten, gab der Bundesrat weiter zu bedenken. Die Beendigung der Schengen-Zusammenarbeit würde die innere Sicherheit der Schweiz gefährden. Dabei geht es unter anderem um den Zugang zu Fahndungs-Datenbanken.

Der Bundesrat argumentiert weiter, die Initiative könnte im Widerspruch zur Flüchtlingskonvention und zur Europäischen Menschenrechtskonvention stehen.

Bereits fest legen sich in dieser Frage Organisationen, die sich für Geflüchtete einsetzen: Die Initiative lasse sich nicht umsetzen, ohne Menschen in Staaten abzuschieben, in denen ihnen unmenschliche Behandlung drohe, schreibt etwa die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) in einer Stellungnahme auf ihrer Website. Damit verletzte sie zwingendes Völkerrecht.

Wie die SFH kritisiert auch das Hilfswerk der evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (Heks), das Recht auf ein individuelles Asylverfahren drohe faktisch abgeschafft zu werden, da die Schweiz von sicheren Drittstaaten umgeben sei. Die Obergrenze von 5000 Asylgewährungen pro Jahr sei willkürlich.

Beide Organisationen geben zudem zu bedenken, durch die Abschaffung der vorläufigen Aufnahme würde kriegsvertriebenen Menschen der Schutz entzogen.

(text:sda/bild:unsplash)