21 Februar 2024

Berner Landeskirchen droht weiteres Ungemach

Am Dienstag haben die drei Berner Landeskirchen, die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, die Römisch-katholische Landeskirche und die Christkatholische Landeskirche zur Medienkonferenz geladen. Unter dem Motto „Kirche ist mehr als du glaubst“ stellten die drei Kirchen ihre Leistungen im gesamtgesellschaftlichen Interesse vor. Die Charmoffensive fällt in eine Zeit, die für die Kirchen des Landes nicht einfach ist: Der Mitgliederschwund schreitet stetig voran, Missbrauchsskandale erschütterten 2023 die katholische Kirche der Schweiz und die Zahl der Menschen ohne Religionszugehörigkeit hat sich schweizweit seit 2000 etwa verdreifacht und zahlenmässig mittlerweile alle Glaubensgemeinschaften überholt.

Im Kanton Bern droht den Landeskirchen nun weiteres Ungemach, in der Form einer Motion des Thuner Grossrats Carlos Reinhard (FDP). Diese fordert, dass die Kirchensteuern für juristische Personen, also beispielsweise Unternehmen, freiwillig werden. Für die Kirchen geht es um viel Geld: Rund 40 Millionen Franken pro Jahr. Reinhard betont zwar, dass es ihm nicht darum gehe, den Kirchen die Gelder wegzunehmen, schliesslich würden die Kirchen für die Gesellschaft eine gute Arbeit machen, private Organisationen würden das allerdings auch tun. Der Kanton Bern nehme auch am meisten Steuern zuhanden seiner Kirchen ein, dass sei in den meisten anderen Kantonen nicht mehr der Fall. Freiwillige Kirchensteuern kennen etwa die Kantone Neuchâtel und Tessin.

Der Regierungsrat möchte das Anliegen prüfen und empfiehlt dem Parlament die Annahme der Motion als Postulat. Unklar sei, Reinhards Motion verfassungskonform sei oder eine Verfassungsänderung voraussetze. Die Kantonsverfassung garantiert den Landeskirchen das Recht, Kirchensteuern zu erheben.

Aber zurück zu den Landeskirchen. Da scheint man ob Reinhards Vorstoss durchaus nervös. Er wurde sodann auch an der gestrigen Medienkonferenz thematisiert. Eine Annahme des Vorstosses würde für die Landeskirchen und damit die Kirchgemeinden einen markanten Rückgang der finanziellen Mittel bedeuten, erklärt die Präsidentin des kantonalbernischen Kirchgemeindeverbands, Esther Richard gegenüber Radio BeO. Das hätten etwa Erfahrungen im Kanton Neuchâtel gezeigt. Viele Angebote der Kirchgemeinden, im Sozial- und Asylbereich, würden Kürzungen ausgesetzt, ist sie überzeugt, wenn die Kirchensteuern für juristische Personen freiwillig werden. Auch die lokale Wirtschaft würde leiden, weil die Kirchen beispielsweise bei Gebäudesanierungen aber auch bei Anlässen auf lokale Dienstleister, Unternehmen und das lokale Gewerbe setzen würden. Die Investitionskraft der Landeskirchen wäre aber im Fall einer Annahme der Motion deutlich geschwächt, so Richard weiter.

Die drei Landeskirchen betonten am Dienstag noch einmal den service public, den sie leisten: Von kulturellen Veranstaltungen, Kursen, gemeinnützigen Angeboten für Betagte aber auch Kinder und Jugendliche bis hin zu seelsorgerischen Leistungen oder Deutschunterricht für Geflüchtete. Betont wurde auch: Die Unternehmenskirchensteuern sind zweckgebunden und werden nicht für den kultischen Bereich verwendet.

Ob Berner Unternehmen weiterhin Kirchensteuern zahlen müssen sollen, darüber spricht das Kantonsparlament in seiner Frühlingssession.

(text:csc/bild:unsplash)