27 August 2023

BAV-Direktor: SBB Cargo haftet für Gotthard-Unfall

SBB Cargo haftet als Frachtführerin für den Unfall im Gotthard-Basistunnel. Das Gesetz dazu sei klar, sagte der Direktor des Bundesamtes für Verkehr, Peter Füglistaler, dem „Sonntagsblick“.

SBB Cargo trage als Frachtführerin die Verantwortung, sagte Füglistaler. Die SBB-Tochter sei damit „für den sicheren Betrieb verantwortlich“ und müsse die entsprechenden Vorkehrungen treffen. Sie müsse die Wagen vor der Abfahrt kontrollieren und hafte dementsprechend. Das wäre auch der Fall, wenn sich herausstellen sollte, dass der nach dem Radbruch entgleiste Wagen aus Deutschland stamme.

Den Vorwurf, dass das BAV als Aufsichtsbehörde zu lasch kontrolliere, weist Füglistaler zurück. Das BAV habe die Zahl der Güterwagen-Kontrollen verdoppelt, gerade auch mit Blick auf die Eröffnung des Gotthard-Basistunnels. Es sei zum Beispiel vorgekommen, „dass wir die Sicherheitsbescheinigung für einen kleinen Schweizer Güterverkehrsanbieter nicht erneuert haben, weil wir Bedenken hatten“.

Doch nun sei Murphys Gesetz eingetreten: Alles was schiefgehen kann, werde auch irgendwann schiefgehen. So wie es bis jetzt aussehe, sei ein sehr seltenes Unglück eingetreten, das sich nicht verhindern lasse: ein Radbruch. Das sei in der Schweiz das letzte Mal vor zehn Jahren passiert.

Doch die Verhältnismässigkeit müsse im Auge behalten werden. Versuche man, ein solches Restrisiko zu reduzieren, werde dies „unglaublich teuer“. „Das wäre die falsche Priorität“. Einen Grund, nach dem Unfall strenger zu kontrollieren, sieht Füglistaler nicht. „Der Gotthard ist sicher.“ Die SBB hätten ein angepasstes Betriebskonzept nachweisen müssen.

Entgleisungsdetektoren könnten indes die Lösung sein, um mit digitalen Sensoren eine Entgleisung früher zu entdecken. Doch bis diese Lösung operativ sei, dauere es noch Jahre. Denn es gehe um Hunderttausende Güterwagen in Europa.

„Der Kostendruck im Schienengüterverkehr ist massiv“, so Füglistaler weiter. Deshalb wolle man im Herbst eine Botschaft ins Parlament bringen, die beantragt, dass der Bund 30 Prozent der Investitionskosten für die Umrüstung übernimmt, das seien etwa 180 Millionen Franken.

Doch wenn man wolle, dass die Schweizer Bahnen Erfolg haben, „dann brauchen wir eine gut funktionierende Bahn in ganz Europa. Deutschland ist für die Schweiz das Schlüsselland.“ Die SBB könnten so gut sein, wie sie wollten – wenn die Deutsche Bahn nicht funktioniere, „dann haben auch wir ein Problem“. So erwartet Füglistaler von der Deutschen Bahn, dass ihre Züge pünktlich und sicher fahren.

Laut Füglistaler soll nach dem Unfall trotz Emotionen kühler Kopf bewahrt werden, auch wenn das Schweizer Bähnlerherz schmerze: „Warten wir den Bericht der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle ab“.

(text:sda/bild:keystone)