Ameisen nutzen Blattläuse als Arzneimittel
Ameisen heilen Pilzinfektionen mit einer Blattlaus-Diät. Laut einer neuen Studie ernähren sich infizierte grauschwarze Sklavenameisen verstärkt von Sekreten von Blattläusen. Ist die akute Infektion überwunden, kehren sie zur herkömmlichen Nahrung zurück.
„Die Sterblichkeitsrate unter den erkrankten Ameisen wurde dank der geänderten Zusammensetzung deutlich reduziert“, sagte Jason Rissanen von der Universität Graz in einer Mitteilung der Hochschule vom Mittwoch.
Zusammen mit Kollegen aus Finnland, der Niederlande und Deutschland bot er von einem Pilz befallenen grauschwarzen Sklavenameisen (Formica fusca) Nahrung in drei unterschiedlichen Blattlaus-Konzentrationen an. Wenn sie infiziert waren, ernährten sie sich während der akuten Phase der Infektion vom Futter mit einem höheren Anteil zerkleinerter Läuse, wie es in der Studie in der aktuellen Ausgabe des „Journal of Biology Letters“ heisst.
Pflanzen, die durch Blattläuse gestresst sind, produzieren sauerstoffhaltige Moleküle mit sehr grosser chemischer Reaktionsbereitschaft (ROS) – Wasserstoffperoxid beispielsweise. Diese flüssige Verbindung aus Wasserstoff und Sauerstoff (H2O2) wird in vielen Haushalten u. a. als Desinfektions- und Bleichmittel eingesetzt. Über den Honigtau der Blattläuse dürften die freien Sauerstoffradikale wohl auch in den Organismus der Ameisen gelangen.
Das Wasserstoffperoxid, das in den winzigen Tierchen enthalten ist und desinfizierend wirkt, könnte bei der Bekämpfung der Erkrankung eine Rolle spielen. „Die Sterblichkeitsrate unter den erkrankten Ameisen wurde dank der geänderten Zusammensetzung deutlich reduziert“, hielt Rissanen fest.
Die Autoren sprachen auch die Bedeutung der Artenvielfalt als Teil eines komplexen Systems von Ernährung und Selbstmedikation an: Die Entdeckung von natürlichen Arzneimittelquellen und wie Tiere eine Diät verwenden, um Immunreaktionen auszugleichen oder direkt zu bekämpfen, helfe zu verstehen, „wie gesunde und vielfältige Ökosysteme den Tieren Vorteile gegen die allgegenwärtige Bedrohung durch Krankheiten bieten“, so die Autoren abschliessend.
(text:sda/bild.keystone)