22 September 2022

Staatsanwältin fordert lange Freiheitsstrafe in Kiental-Prozess

Die Staatsanwaltschaft hat am Donnerstag eine Freiheitsstrafe von 19 Jahren gefordert für den Mann, der zwei Sex-Bekanntschaften im Kiental im Berner Oberland in eine Schlucht gestossen haben soll.

Beide Opfer sind afghanische Männer. Der eine wurde im Mai 2019 tot in einem Bach unterhalb der Griesschlucht zwischen Kiental und der Griesalp gefunden. Der andere überlebte einige Monate später den Sturz in dieselbe Schlucht und konnte Alarm schlagen.

Vor dem erstinstanzlichen Regionalgericht in Thun steht ein heute 65-jähriger Mann aus der Region. Er muss sich wegen vorsätzlicher Tötung und versuchter vorsätzlicher Tötung sowie wegen diverser Sexualdelikte vor dem erstinstanzlichen Regionalgericht in Thun verantworten.

Der Beschuldigte stritt stets ab, etwas mit dem Tod des einen Afghanen im Mai 2019 zu tun zu haben. Am Donnerstag machte er von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch.

Die Staatsanwältin erläuterte in ihrem Plädoyer, dass der Angeklagte das nachmalige Todesopfer sehr wohl gekannt habe. Auf Mobiltelefonen seien entsprechende Daten gefunden worden, die einen Kontakt belegten. Die Indizien ergäben insgesamt ein Bild, das auf die Täterschaft des Angeklagten schliessen lasse.

Auch den afghanischen Mann, der den Sturz in die Griesschlucht im November 2019 überlebte, kannte der Angeklagte. Das räumte dieser vor Gericht am Donnerstag ein. Sie hätten mehrere Jahre eine sehr gute sexuelle Beziehung gehabt.

Sie seien an jenem Tag im November gemeinsam ins Kiental gefahren und hätten Sex gehabt, sagte der Angeklagte. Danach seien sie weiter Richtung Griesalp gefahren, wo sie im Wald Messarbeiten für eine Leitung hätten machen wollen. Dabei sei der bekiffte Afghane gestolpert und in den Bach gefallen.

Er habe ihn nicht mehr gesehen und angenommen, dass jede Hilfe zu spät komme. Daher sei er nach Hause gefahren, führte der Angeklagte aus.

Das Opfer schilderte am Donnerstag vor Gericht detailliert, wie er von seinem Bekannten in die Schlucht gestossen wurde. Dass er ohne Zutun des Angeklagten in die Schlucht gestürzt sei, wies das Opfer am Donnerstag vor Gericht zurück.

Der Angeklagte habe sich nach dem Absturz nicht um ihn gekümmert und auch keine Hilfe geholt, wie das bei einem Unfall üblich wäre, gab der junge Mann zu bedenken.

Die Staatsanwältin stellte in ihrem Plädoyer vollständig auf die Aussagen des Opfers ab. Der Afghane habe von Anfang an konsistent und schlüssig ausgesagt. Er habe auch den Angeschuldigten nicht unnötig stark belastet. Fussspuren am Bach und schwache DNA-Spuren an einem Baum belegten die Richtigkeit der Aussagen des Opfer.

Hingegen habe der Angeschuldigte immer wieder Aussagen verweigert. Zum Kerngeschehen habe er kaum Angaben gemacht und sich immer wieder in Widersprüche verheddert. Statt konkrete Fragen zu beantworten, sei er immer wieder ausschweifend auf andere Themen wie das eigene Strafverfahren zu reden gekommen.

Weiter werden dem Angeklagten verschiedene Sexualdelikte mit Kindern und Minderjährigen gegen Entgelt vorgeworfen. Der Angeklagte habe in Kauf genommen, dass die jungen Männer minderjährig seien, argumentierte die Staatsanwältin.

Für alle Taten zusammen soll der Mann auf Antrag der Staatsanwaltschaft 19 Jahre hinter Gitter. Er befindet sich im vorzeitigen Strafvollzug.

(text:sda/bild:pexels)