1 Juli 2021

Projekte für Cannabis-Legalisierung und -Regulierung können starten

In den nächsten Jahren soll mit Pilotprojekten ein Bild davon entstehen, wie in der Schweiz der Cannabis-Genuss geregelt werden könnte. Dabei gilt es, den Zwischenweg zwischen dem Verbot und der absoluten Legalisierung zu finden. Der heutige Weg ist eine Sackgasse.

Cannabis ist in der Schweiz seit 1951 als verbotenes Betäubungsmittel eingestuft. Es darf grundsätzlich weder angebaut, hergestellt noch verkauft werden. 1975 wurde auch der Konsum unter Strafe gestellt.

Das ist jedoch offensichtlich nicht mehr der richtige Weg: „Der Cannabis-Konsum ist in der Schweiz zu weit verbreitet, als dass ein Verbot weiter Sinn machen würde“, sagte Adrian Gschwend, Leiter Sektion Politische Grundlagen und Vollzug im Bundesamt für Gesundheit (BAG), am Donnerstag vor den Medien in Bern. 750’000 Joints würden jeden Tag geraucht und Schätzungen gehen von 220’000 regelmässigen Konsumentinnen und Konsumenten aus.

120 Millionen Franken gebe der Bund jährlich für die Durchsetzung des Verbots aus, ohne dass dadurch der Cannabis-Konsum unterbunden werden könnte, sagte Gschwend. Gleichzeitig floriere wegen des Verbots der „gefährliche“ Schwarzmarkt, auf welchem auch gestreckte Stoffe – etwa mit synthetischen Cannabioiden – vertickt würden. 582 Millionen Franken Umsatz generiere dieser jährlich in der Schweiz, sagte Gschwend mit Verweis auf eine noch unveröffentlichte Studie der Universität Genf.

Die Frage sei nun, ob es bessere Wege für die Cannabis-Drogenpolitik des Bundes gebe, und wie diese aussehen könnten. Für die Gesellschaft sei die Belastung sowohl dann am höchsten, wenn es ein absolutes Verbot gebe, als auch dann, wenn es einen absolut unregulierten Markt gebe.

Mit Pilotprojekten soll nun in den nächsten Jahren ein Bild davon entstehen, welchen Einfluss gewisse Legalisierungs- oder Regulierungschritte auf gesundheitlicher, sozioökonomischer und wirtschaftlicher Ebene und in Bezug auf die Sicherheit haben. Das Parlament hat im vergangenen Herbst dafür im Betäubungsmittelgesetz einen Experimentierartikel eingefügt, damit solche Pilotprojekte möglich sind. Seit März ist die entsprechende Verordnung in Kraft.

An den Pilotprojekten dürfen nur volljährige Personen teilnehmen, die bereits Cannabis konsumieren – insgesamt maximal maximal 5000 Personen mit Wohnsitz im entsprechenden Kanton. Die Experimente können von verschiedenen Institutionen wie Gemeinden, Städten oder Universitäten während maximal 5 Jahren durchgeführt werden. Sie können vom Anbau des Cannabis über die Produktion und Verpackung der Produkte bis zum Konsum alle Bereiche umfassen.

Die abgegebenen Produkte dürfen einen THC-Gehalt von 20 Prozent nicht überschreiten – und müssen aus biologischem Anbau sein. Das hat das Parlament so bestimmt. Das BAG verlangt auch Transparenz. Die Pilotierenden sollen jährlich einen Zwischenstand ans BAG schicken, das wiederum die Öffentlichkeit und den Bundesrat informiert.

Es sei noch kein Gesuch für ein Pilotprojekt eingegangen, sagte Gschwend am Donnerstag. Er rechnet aber damit, dass im Verlauf des Sommers die ersten Anfragen eingehen, denn „die ersten Pilotprojekte stehen in den Startlöchern“, sagte er. Anfang 2022 sollten diese starten können, eine erste Auslegeordnung mit Zwischenresultaten soll zirka 2024 erfolgen.

Das BAG hofft dabei auf möglichst viele verschiedene Projekte, um ein umfassendes Bild zu erhalten. Daraus soll schliesslich eine Entscheidungsgrundlage für die künftige Drogenpolitik entstehend. Wie lange es dauern wird, bis aus den Resultaten der einzelnen Pilotprojekten ein umfassendes Bild steht, konnte Gschwend nicht abschätzen.

Die Bevölkerung jedenfalls steht hinter diesem Weg, wie eine an der Medienkonferenz vorgestellte Studie zeigte. Gemäss einer repräsentativen Umfrage bei 3166 volljährigen in der Schweiz wohnhaften Personen findet es eine klare Mehrheit von siebzig Prozent wichtig, den gesetzlichen Umgang mit Cannabis in der Schweiz neu zu regeln, wie Umfrageleiterin Sarah Bütikofer bei der Präsentation der Ergebnisse sagte.

Die Befragten waren gemäss Bütikofer meist der Ansicht, dass die Eindämmung des Schwarzmarktes und die Erhöhung der Sicherheit für Konsumierende wichtige Faktoren seien. Ebenso viele fordern ein Mindestalter von 18 Jahren für Konsumierende. Gefordert werden weiter ein strikter Jugendschutz, Prävention, ein Werbeverbot und eine hohe Besteuerung der Cannabisprodukte.

„In den vergangenen 20 bis 30 Jahren hat es einen ziemlichen Wertewandel gegeben“, sagte Bütikofer. Gerade die ältere Generation, die mehrere Kapitel der Schweizer Drogenpolitik miterlebt habe, sei von der Wichtigkeit einer guten Regulierung überzeugt, sagte sie. Jetzt gilt es nur noch, in den nächsten Jahren den „richtigen Zwischenweg“ zu finden.

(text:sda/bild:unsplash)