4 Mai 2021

Nationalrat debattiert über erweiterte Nutzung von DNA-Profilen

Sollen Strafverfolgungsbehörden in Zukunft mehr Informationen aus dem DNA-Profil herauslesen dürfen? Darüber debattiert am Dienstag der Nationalrat. Es geht um die Zulassung der so genannten Phänotypisierung.

In der forensischen Ermittlungsarbeit können DNA-Spuren wichtige Hinweise liefern, weil sich anhand dieser Informationen Täterprofile erstellen lassen. In der Schweiz darf aber heute nur nach DNA-Übereinstimmungen in vorhandenen Datenbanken gesucht werden, und es darf nur das Geschlecht herausgelesen werden.

Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (Sik-N) stellt sich hinter den Vorschlag des Bundesrates. Sie unterstützt die Änderungen im DNA-Profil-Gesetz und in der Strafprozessordnung mit 18 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Nicht auf die Vorlage eintreten wollen die Grünen.

Das revidierte DNA-Profil-Gesetz soll die DNA-Phänotypisierung ermöglichen. Diese wissenschaftliche Analysemethode erlaubt es, aus einer DNA-Spur äusserliche Merkmale mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit herauszulesen. Dabei geht es um die Farbe von Augen, Haut und Haar, das Alter und die biogeografische Herkunft.

Die Phänotypisierung soll nur zur Aufklärung von schweren Verbrechen und auf Anordnung der Staatsanwaltschaft angewendet werden dürfen, konkret bei Straftatbeständen, welche mit einer maximalen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestraft werden. Das sind zum Beispiel Vergewaltigung, Mord und Raub.

In den Augen der Kommissionsmehrheit und des Bundesrates richtet sich die Phänotypisierung nicht gegen eine bestimmte Person, sondern dient der Eingrenzung von Personenkreisen bei einer Ermittlung.

Eine starke Minderheit will allerdings einen Deliktekatalog für die Anwendung dieser Fahndungsmethode festschreiben. Sie will so sicherstellen, dass die Phänotypisierung nicht zum Regelfall wird.

Die Vorlage soll auch das Suchen nach Verwandtschaftsbezügen regeln. Meldet die DNA-Datenbank beim Abgleich einer DNA-Spur keinen Treffer und sind bislang alle Ermittlungen ergebnislos geblieben, ist ein solcher Suchlauf eine weitere Option, um die Person zu identifizieren, von der die sichergestellte DNA-Spur stammt.

Ergibt sich in der Datenbank eine Übereinstimmung, wird im Kreis der Verwandten nach dem Spurenleger gesucht. Dieser Suchlauf ist ebenfalls nur für die Aufklärung von Verbrechen zulässig und wird durch die Staatsanwaltschaft angeordnet.

Administrativ vereinfachen wollen der Bundesrat und die Sik-N die Löschregelung von DNA-Personenprofilen. Künftig wird die Aufbewahrungsdauer einmalig im Urteil festgelegt. Einzig bei Verwahrungen und therapeutischen Massnahmen bleiben die Löschfristen vom Vollzug der Sanktion abhängig.

Die Gesetzesbestimmungen verlangt hatten die Räte mit einer Motion des 2020 verstorbenen Nationalrates Albert Vitali (FDP/LU). Vitali hatte den Vorstoss nach der Vergewaltigung einer jungen Frau in Emmen LU im Juli 2015 eingereicht.

Am Tatort wurde die mutmassliche DNA des Täters sichergestellt, doch die Ermittler durften mangels gesetzlicher Grundlagen nicht auf die vollständigen genetischen Informationen zugreifen. Die Frau, die beim Überfall vom Velo gerissen wurde, erlitt schwerste Verletzungen.

Das Parlament hatte die geltenden Regeln für die Auswertung von DNA-Spuren 2003 beschlossen. Die Mehrheit war damals der Ansicht, im Interesse des Persönlichkeits- und Datenschutzes sowie zum Schutz vor Missbrauch müssten den Behörden klare Grenzen gesetzt werden.

(text:sda/bild:pixabay)