8 Juli 2022

Lawrow will auf Bali nicht zuhören – schnelle Abreise statt Dialog

Sergej Lawrow muss sich schon unangenehme Fragen gefallen lassen, da ist das G20-Aussenministertreffen auf Bali noch gar nicht richtig losgegangen.

„When do you stop the war?“ („Wann beenden Sie den Krieg?“), will ein deutscher Journalist von dem Russen angesichts des Angriffs auf die Ukraine wissen, als Lawrow am Freitag von Gastgeberin Retno Marsudi auf der indonesischen Urlaubsinsel begrüsst wird. Lawrow antwortet nicht. Der Journalist wird von Sicherheitsleuten hinaus komplimentiert.

Auch die tropischen Blumen und die sanfte, für Bali so typische Gamelan-Musik, die die Begrüssungen umrahmen, können das Konfliktpotenzial kaum übertünchen. Im Grossen Ballsaal des Luxus-Resorts direkt am Strand von Nusa Dua muss sich Lawrow hinter verschlossenen Türen schwere Vorwürfe des Westens wegen der von Präsident Wladimir Putin befohlenen Invasion anhören.

Die Auftaktsitzung dreht sich um die Stärkung des Multilateralismus – also der internationalen Konfliktlösung. Die G7, die Gruppe der sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächte – wirft Russland immer wieder vor, diese weltweite Zusammenarbeit zu torpedieren. Neben Deutschland und den USA gehören der Gruppe Frankreich, Grossbritannien, Italien, Japan, Kanada und die Europäische Union (EU) an.

Auch die indonesische Gastgeberin Retno Marsudi – der weltgrösste Inselstaat hat derzeit den G20-Vorsitz – appelliert zu Beginn des Treffens eindringlich an Lawrow: „Unsere Verantwortung ist es, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden.“ Brücken müssten gebaut werden, nicht Mauern. Schöne Worte, denen harte Fakten folgen.

Denn direkt nach seiner Rede vor den Kolleginnen und Kollegen gibt Lawrow seine ganz eigene Antwort auf Kritik und Mahnungen. Er verlässt den Sitzungssaal, entzieht sich so auch der Replik der deutschen Aussenministerin Annalena Baerbock – Deutschland hat dieses Jahr den Vorsitz der G7-Gruppe inne. Kurz darauf teilt Lawrows Sprecherin Maria Sacharowa mit, der Minister werde das G20-Treffen vorzeitig verlassen. „Lawrow führt noch bilaterale Gespräche, danach wendet er sich an die Presse und reist ab“, erklärt sie. Der erwartete Eklat ist da.

Am offiziellen Essen und den für den Nachmittag geplanten Beratungen zur Nahrungs- und Energiesicherheit nimmt Lawrow nicht mehr teil. Auch dort hätte er sich wohl schwere Vorwürfe von vielen Kolleginnen und Kollegen anhören müssen. Lawrow beschuldigt den Westen hingegen, den Übergang zu einer friedlichen Lösung des Konflikts in der Ukraine zu verhindern – und deutet damit den Grund seiner Abreise an. Wenn die EU und die USA einen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld anstrebten, „dann haben wir wahrscheinlich mit dem Westen nichts zu besprechen“, sagt er. Das klingt düster für die kommenden Monate.

(text:sda/bild:unsplash)