15 November 2021

EU legt sich Sanktionsinstrument gegen Migration über Belarus zu

Die Aussenminister der EU-Staaten haben ein neues Sanktionsinstrument gegen Beteiligte an der Schleusung von Migranten nach Belarus beschlossen.

Die Europäische Union werde nun Personen und Einrichtungen ins Visier nehmen können, die einen Beitrag dazu leisteten, dass das belarussische Regime Menschen für politische Zwecke instrumentalisieren könne, teilte der Rat der Mitgliedstaaten am Montag mit.

Das neue Sanktionsinstrument soll unter anderem gegen Fluggesellschaften eingesetzt werden können, die Migranten zur Weiterschleusung in die EU nach Belarus fliegen.

Die Lage sei so dramatisch, dass er auch eine Verweigerung von Überflugrechten oder Landegenehmigungen im europäischen Raum nicht mehr ausschliessen könne, erklärte der geschäftsführende deutsche Aussenminister Heiko Maas. Man werde diesen Weg der Härte jetzt weitergehen und auch über zusätzliche Wirtschaftssanktionen reden müssen. Was man erlebe, sei ein menschenverachtendes System, das Flüchtlinge als Instrumente benutze, um Druck auf die EU auszuüben.

Maas spielte damit darauf an, dass der Führung der Ex-Sowjetrepublik Belarus vorgeworfen wird, gezielt Migranten ins Land zu holen, um sie dann zur Weiterreise in die EU an die Grenze zu Polen, Litauen und Lettland zu bringen. Vermutet wird, dass sich Machthaber Alexander Lukaschenko damit für Sanktionen rächen will, die die EU wegen der Unterdrückung der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition erlassen hat.

Seitdem Polen, Lettland und Litauen die EU-Aussengrenze abriegeln, ist die Situation im Grenzgebiet äusserst angespannt. Tausende Menschen aus Ländern wie Syrien oder dem Irak warten auf eine Chance, illegal die Grenze zur EU zu überqueren. Besonders gross ist der Druck auf die Grenze zu Polen. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt harren Tausende Migranten seit Tagen auf der belarussischen Seite der Grenze in provisorischen Camps im Wald aus.

Konkret soll das neue Sanktionsinstrument unter anderem gegen die staatliche belarussische Fluggesellschaft Belavia eingesetzt werden. Diese soll künftig von europäischen Firmen, die Flugzeuge verleasen, keine Maschinen mehr nutzen dürfen. Ziel ist, dass Belavia dann nicht mehr so viele Menschen aus armen oder konfliktreichen Ländern zur Weiterschleusung in die EU nach Belarus fliegen kann.

Zu den Flugzeugleasinggesellschaften, die Maschinen an Belavia verliehen haben, gehören das dänische Unternehmen Nordic Aviation Capital sowie das irische Unternehmen AerCap. Sie müssen nun befürchten, viel Geld zu verlieren. Nach Angaben aus EU-Kreisen hatte Belavia zuletzt deutlich mehr als die Hälfte seiner rund 30 genutzten Flugzeuge nur geleast.

Nach Angaben von Diplomaten sollen mit dem neuem Sanktionsinstrument in einem ersten Schritt etwa 30 Personen und Unternehmen ins Visier genommen werden. Neben Belavia sollen darunter auch Reiseveranstalter und an der Schleusung beteiligte Mitglieder des Regierungsapparats in Belarus sein. Der formelle Sanktionsbeschluss wird nach Abschluss juristischer Prüfungen erfolgen, die noch einige Tage in Anspruch nehmen können.

Noch unklar war zunächst, ob auch ausländische Fluggesellschaften sanktioniert werden. So haben die Drohungen nach Angaben des EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell bereits dazu geführt, dass die Zahl der Flüge mit Migranten nach Belarus deutlich abnimmt. Was den Zustrom von Menschen angehe, sei man dabei, die Dinge unter Kontrolle zu bekommen, sagte er.

Konkret hatte bereits in der vergangen Woche die Türkei verfügt, dass Staatsbürger mehrerer arabischer Länder nicht mehr von ihrem Staatsgebiet aus nach Belarus fliegen dürfen. Die syrische Airline Cham Wings teilte mit, Flüge in die belarussische Hauptstadt Minsk ganz einzustellen. Ähnliche Zusicherungen kamen laut EU von der irakischen Gesellschaft Iraqi Airways.

In den Fokus rückt damit die Frage, was mit denjenigen Menschen passieren soll, die sich bereits in Belarus aufhalten. Wir müssen darüber reden, wie wir sie sicher in ihre Heimat zurückbringen können, sagte Litauens Aussenminister Gabrielius Landsbergis. Von einer möglichen Aufnahmen der Menschen in der EU war nicht die Rede.

(text und bild:sda)