25 Mai 2021

Denkmal für Nazi-Opfer

In der Schweiz soll ein Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus entstehen. Fünf Organisationen haben am Dienstag dem Bundesrat ein Konzept für eine Gedenkstätte eingereicht. Rund 150 Erstunterzeichnende und rund 30 Organisationen unterstützen das Anliegen. Die Gedenkstätte soll ein Vermittlungs- und Vernetzungsort werden.

Insbesondere die nächste Generation soll zum kritischen Nachdenken über Ausgrenzung und Vorurteile gebracht werden, wie die Initianten nach der Übergabe im Beisein von zwei Zeitzeuginnen mitteilten. Über 1000 Menschen mit einem Bezug zur Schweiz erlitten die Schrecken der Konzentrationslager, mehr als 200 von ihnen wurden dort getötet.

Mit fortschreitender Zeit sterben die Zeuginnen und Zeugen der Gräueltaten aus. Umso wichtiger ist es für die Initianten, dass 75 Jahre nach Kriegsende auch die Schweiz mit dem „Schweizer Memorial“ einen Ort der Erinnerung an die Opfer und des Diskurses erhält. Auch der Schweizerinnen und Schweizer, welche sich dem Regime entgegenstellten oder den Verfolgten halfen, soll gedacht werden.

Ergänzt werden soll das Memorial durch ein Bildungsangebot. Die Auseinandersetzung mit Rassismus und Antisemitismus sowie Solidarität und Zivilcourage soll zur Bewusstseinsbildung beitragen.

Ralph Lewin, der Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes, erklärte gemäss Communiqué, das dem Bundesrat überreichte Konzept blicke nicht allein in die Vergangenheit sondern weise in die Zukunft. Es soll für die zentralen Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte sensibilisieren.

Das Memorial selbst soll unter dem Motto „erinnern, vermitteln, vernetzen“ ein Gedenkort mit künstlerischer Gestaltung im öffentlichen Raum in Bern werden. Der Vermittlungsort soll Dauer- und Wechselausstellungen zeigen und die Brücke zur Gegenwart schlagen. Der Vernetzungsort mit einer Opfer-Datenbank soll bereits bestehende Gedenkstätten miteinander verbinden.

150 Persönlichkeiten wie alt Bundesrätin Ruth Dreifuss, der Schriftsteller Pedro Lenz der der Filmemacher Markus Imhoof („Das Boot ist voll“ über die Schweizer Flüchtlingspolitik im Zweiten Weltkrieg) unterstützen das Projekt.

Unterstützung findet der Plan auch bei letzten Überlebenden, so etwa bei Vera Rottenberg. Ihr, ihrer Mutter und ihrer Schwester gelang 1944 mit Unterstützung des Botschaftssekretärs Harald Feller die Flucht aus Ungarn in die Schweiz.

Eine andere Mitunterzeichnerin ist Ursula Zellweger. Ihr Vater, Albert Mülli, hatte politische Flugblätter von Zürich nach Wien geschmuggelt. Er wurde von der Gestapo verhaftet und später ins Konzentrationslager Dachau bei München verschleppt. Die Schweizer Behörden sprachen nach der Befreiung und Rückkehr von Albert Mülli von einem „grossen Selbstverschulden“.

Zwei Motionen im Parlament von SVP und SP fordern ebenfalls einen offiziellen Erinnerungsort.

Das Konzept für „Schweizer Memorial“ stammt von der Christlich-Jüdischen Arbeitsgemeinschaft in der Schweiz, dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) sowie Vertretern der Wissenschaft (Universität Basel, Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich) sowie der Auslandschweizer-Organisation (ASO).

(text:sda/bild:unsplash)