15 Juli 2021

Bern und Luzern bereiten sich auf neues Jahrhunderthochwasser vor

Nach den starken Regenfällen sind die Pegel von Seen und Flüssen am Donnerstag weiter angestiegen. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, Schadengebiete zu meiden und sich von Gewässern fernzuhalten. Bundespräsident Guy Parmelin machte sich an mehreren Orten ein Bild von der Lage.

Vor allem die Wasserstände des Vierwaldstättersees, des Bielersees und der Aare bei Bern, des Rheins in Basel sowie des Zürich- und Genfersees gingen weiter in die Höhe, wie aus den Messdaten des Bundes hervorging. Am Vierwaldstättersee schwappte der Pegel zwei Zentimeter über die Hochwasser-Grenze der höchsten Stufe 5 (434,75 Meter). Dies bedeutet „sehr grosse Gefahr“.

Am Thuner- und am Bielersee galt ebenfalls weiter die höchste Hochwasser-Warnstufe. Bern und Luzern rüsteten sich für ein neues Jahrhunderthochwasser am Bielersee und am Vierwaldstättersee. Bisher hat aber noch kein Kanton ein Gesuch zur Unterstützung durch die Armee eingereicht, wie ein Armeesprecher auf Anfrage sagte.

Laut Prognosen können derzeit kritische Werte erreicht werden. Einen Wasserhochstand wie bei dem 2005 als Jahrhunderthochwasser eingestuften Unwetter wird aber vermutlich nicht erreicht.

In Luzern ergriffen die Behörden weitere Massnahmen zum Schutz vor dem Hochwasser. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der See über die Ufer tritt. Es fehlten nur noch wenige Zentimeter. Allerdings steigt der Pegel nicht mehr so schnell.

Beim Pegelstand von 434,90 Metern würde unter anderem der Schwanenplatz überschwemmt. Um 13 Uhr lag der Pegel bei 434,78 Metern über Meer. Die Einsatzkräfte bereiteten sich darauf vor, bei einem Übertreten des Sees den Schwanenplatz für den Verkehr, sowie die Kapellbrücke, den Rathaussteg, die Reuss- und die Spreuerbrücke sofort sperren zu können, wie die Stadt Luzern mitteilte. Sie rief die Bevölkerung auf, die Schadengebiete zu meiden und sich von Gewässern fernzuhalten.

Bundespräsident Guy Parmelin besuchte am Donnerstagnachmittag die Einsatzkräfte in der Stadt Luzern im Kampf gegen das Hochwasser. Es sei sichtbar, dass alles gut organisiert sei, sagte er. Es sei offensichtlich, dass bei diesem Unwetter besser reagiert wurde als 2005. Er danke allen Einsatzkräften für den Einsatz und die Solidarität.

Vor seinem Besuch in Luzern war der Bundespräsident in Biel, wo er das Ausmass des Hochwassers begutachtete. Er habe gesehen, wie kritisch die Situation sei, schrieb Parmelin auf Twitter.

Der Pegel des Bielersees lag am Donnerstag 26 Zentimeter über der Hochwassergrenze. Die Behörden rechneten für Freitag mit einem neuen Rekordwasserstand sowie mit Überschwemmungen.

Die Führungsorgane Biel-Bienne Regio und Bielersee-Südwest forderten die Bevölkerung dringend auf, Fluss- und Seeufern fernzubleiben, Wertsachen in Sicherheit zu bringen und elektrische Geräte in hochwassergefährdeten Räumen abzuschalten. Wegen des hohen Grundwasserpegels sei das Auspumpen von Kellern und überschwemmten Räumen zurzeit zwecklos.

Die Kantone Freiburg, Waadt und Neuenburg richteten Leitstellen ein und koordinieren die Massnahmen für den Neuenburger- und Murtensee, wie sie mitteilten. Die Ufer dieser beiden Gewässer seien in einigen Bereichen überflutungsgefährdet. Nach den Niederschlägen der letzten Tage und dem Regen, der in den kommenden Stunden noch erwartet werde, bleibe die Lage kritisch.

In der Stadt Bern stieg der Aare-Pegel am Donnerstag über die Hochwassergrenze. Im Aargau ging man beim Kanton von keinen grösseren Hochwasserschäden aus, obwohl die Aare bei Murgenthal mehr Wasser führte, als es der Höchstwert, der nicht überschritten werden sollte, festlegt.

Wegen des Hochwassers sitzen zurzeit mehr als 20 Frachtschiffe in den Rheinhäfen beider Basel fest. Auch wenn sich die Wetterlage entspannt, dürfte die Zwangspause für die Rheinschifffahrt noch bis weit in die kommende Woche andauern, wie es bei den Schweizerischen Rheinhäfen auf Anfrage hiess.

Der Pegel des Zürichsees erreichte am Donnerstag Gefahrenstufe 4. Einzelne Uferabschnitte könnten überflutet werden. Rund 100 Angehörige des Zivilschutzes unterstützten die Feuerwehren und Katastrophenstäbe, wie das kantonale Amt für Militär und Zivilschutz auf Anfrage mitteilte.

Der Pegel des Genfersees stieg ebenfalls an. Es bestand am Donnerstag aber keine unmittelbare Hochwassergefahr. Es galt die Warnstufe 3.

(text:sda/bild:beo)