11 April 2023

Zweifeln USA an ukrainischer Frühjahrsoffensive?

Die USA zweifeln nach einem Bericht der „Washington Post“ am Erfolg der geplanten Frühjahrsoffensive der Ukraine gegen die russischen Angreifer. Die US-Zeitung berief sich am Dienstag auf Dokumente aus dem seit Tagen debattierten Datenleck sowie auf eigene Quellen.

Dass die mutmasslichen US-Geheimdokumente im Internet kursieren, sorgt weiter für grosse Unruhe. Die Ukraine spielt die Bedeutung jedoch herunter. Aus dem Kriegsgebiet meldet Kyjiw die Abwehr Dutzender russischer Angriffe.

Gut 13 Monate nach der russischen Invasion vom Februar 2022 konzentriert sich das Kriegsgeschehen weiter auf den Osten und den Süden der Ukraine. Der ukrainischen Generalstab berichtete, die Armee habe binnen 24 Stunden rund 50 russische Angriffe abgewehrt. Gekämpft wird demnach weiter in den ostukrainischen Gebieten Luhansk und Donezk in den Abschnitten Lyman, Bachmut, Awdijika und Marjinka.

In den Gebieten Charkiw, Saporischschja und Cherson gebe es vor allem Artilleriebeschuss. Russische Luftangriffe in den Gebieten Cherson und Saporischschja sollen nach Behördenangaben ohne zivile Opfer geblieben sein. Die ukrainische Luftwaffe flog nach eigenen Angaben acht Angriffe gegen Orte, an denen russische Truppen zusammengezogen sind. Zudem soll ein russischer Hubschrauber des Typs Mi-24 abgeschossen worden sein. Die Angaben der Kriegsparteien sind generell kaum unabhängig zu überprüfen.

US-Regierung nimmt Datenleck „sehr, sehr ernst“

Rätsel geben die im Internet kursierenden mutmasslichen US-Geheimdokumente zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine auf. US-Medien berichten seit Tagen über sensibles Material zu beiden Kriegsparteien, ohne die Unterlagen selbst zu veröffentlichen. Unklar ist, wer die Dokumente publiziert hat und inwieweit sie authentisch sind. Das Investigativ-Netzwerk Bellingcat wies nach, dass einige nachträglich manipuliert wurden. Die US-Regierung bemüht sich um Aufklärung. „Wir nehmen die Sache sehr, sehr ernst“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby.

Auf Papiere aus dem Datenleck bezog sich auch die „Washington Post“ bei ihrem Bericht über die seit langem erwartete ukrainische Frühjahrsoffensive. Das ukrainische Militär könnte die ursprünglichen Pläne zur Rückeroberung von Russland besetzter Gebiete diesen Papieren zufolge „weit verfehlen“, schrieb die Zeitung. Grund seien Schwierigkeiten Kyjiws bei der Aufstockung von Truppen, Munition und Ausrüstung. Die Strategie Kyjiws ziele darauf, umkämpfte Gebiete im Osten zurückzugewinnen und gleichzeitig nach Süden vorzustossen, um die russische Landbrücke zur besetzten Schwarzmeer-Halbinsel Krim zu kappen.

Die Einschätzung in den als streng geheim gekennzeichneten Papieren stammt demnach allerdings schon von Anfang Februar. Unter Berufung auf eigene Quellen meldete das Blatt, US-Geheimdienstberater seien zu der Einschätzung gelangt, dass der Ausgang der Frühjahrsoffensive eher bescheiden sein werde. Das ukrainische Militär werde wohl nicht so viele Gebiete zurückgewinnen können wie im Herbst im Osten und Süden des Landes.

Kyjiw: Angaben zur Gegenoffensive sind weiter geheim

Die Veröffentlichung sensibler Daten und Einschätzungen ist für die ukrainische Führung sowohl militärisch als auch politisch ungünstig. Auch verfälschte Informationen können schaden. Nach aussen hin gibt sich Kyjiw aber gelassen. Der Sekretär des nationalen Sicherheitsrats, Olexij Danilow, sagte in der ARD, es sei nichts über militärische Operationen, die Grösse der Einheiten und die Stossrichtung an die Öffentlichkeit gelangt. „Diese Informationen sind absolut geheim“, sagte er. Der Beginn der ukrainischen Gegenoffensive werde erst im letzten Moment festgelegt.

Die ukrainische Führung zog auch eine angebliche Abhöraktion der USA gegen Präsident Wolodymyr Selenskyj in Zweifel. Beratungen des Staatschefs mit dem Militär liefen anders als in veröffentlichten Geheimdienstdokumenten dargestellt, sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak.

(text:sda/bild:unsplash)